Übertroffene Erwartungen am Himalaja

Eine Geberkonferenz stellt knapp 6 Milliarden Dollar für Hilfe und Wiederaufbau in den Erdbebengebieten zur Verfügung. Das ist mehr, als die pakistanische Regierung gefordert hatte. Die Spendenbereitschaft entlastet auch die Militärregierung

AUS ISLAMABAD NILS ROSEMANN

Mit einer unerwarteten Spendenbereitschaft ist am Samstag in Islamabad eine von der pakistanischen Regierung und mit Unterstützung der UNO ausgerichtete internationale Geberkonferenz für die Erdbebenopfer zu Ende gegangen. Um Hilfe in Höhe von umgerechnet 4,4 Milliarden Euro hatte Präsident Pervez Musharraf gebeten und bekam 532 Milliarden mehr. „Dieses Ergebnis liegt über unseren Erwartungen“, lobte Ministerpräsident Shaukat Aziz.

„Die Situation ist ernst, die Bedürfnisse sind enorm, und die Menschen können jegliche Hilfe gebrauchen“, erklärte UN-Generalsekretär Kofi Annan, als er sich am Vortag der Konferenz von den Verwüstungen des Erdbebens ein Bild machte. Die 75 Delegierten einigten sich auf ein Hilfspaket von 4,95 Milliarden Euro, von denen 3,3 Milliarden Darlehen und 1,6 Milliarden Spenden sind, die entweder in Sachleistungen oder Geld unmittelbar an Nichtregierungsorganisationen, die Distriktregierungen oder in den Unterstützungsfonds von Musharraf gehen. Annan appellierte: „Wir müssen sicher stellen, dass das Erdbeben nicht mehr Leben kostet, als es schon gekostet hat. Die beispielslose Katastrophe verlangt von uns eine beispielslose Reaktion.“

Ohne Beispiel sind auch die Einzelleistungen: Je 850 Millionen Euro stellen Weltbank und Asiatische Entwicklungsbank zur Verfügung. Die nationalen Hilfsleistungen werden von Saudi-Arabien mit 489 Millionen Euro angeführt, gefolgt von den USA mit 433 Millionen, China 277 Millionen und dem Iran mit 144 Millionen. Die Europäische Kommission hat 93,4 Millionen Euro zugesagt. Deutschland hat seine Zusage über 60 Millionen Euro auf 85 Millionen erhöht. Neue Zusagen sollen folgen, wenn weitere Regierungen ihre Hilfe konkretisieren.

Die pakistanische Regierung hat bereits begonnen, jeweils 360 Euro für ein beschädigtes Haus, 1.430 Euro für den Verlust eines Angehörigen, 720 Euro für Verletzte mit Amputierungen und 360 Euro für sonstige Verletzungen auszuzahlen, ohne zu wissen, woher das Geld zu nehmen sei. Den Hilfsorganisationen vor Ort gingen vor zwei Wochen teilweise die Mittel aus. Das Ergebnis der Konferenz nimmt so den Druck von der Militärregierung in Islamabad, die damit nicht gezwungen ist, ihre 11 Milliarden Euro Auslandswährungsreserven oder das überdimensionale Militärbudget von 3,7 Milliarden Euro anzutasten.