Fischerei-Messe entdeckt Nachhaltigkeit: Fischesser des guten Gewissens

Die Bremer Fischmesse "Fish International" schreibt sich Nachhaltigkeit auf die Fahnen und lässt einen Meeresbiologen erklären, Überfischung gebe es nicht.

dpa

Kabeljau, Makrele, Seelachs, Hering - diese Fischarten könne er guten Gewissens essen, glaubt Hans Peter Schneider, Geschäftsführer der Messe Bremen, auf der bis heute die internationale Fisch-Branche ausstellt. Über die "World of Pangasius" können sich dort Händler informieren, "Party-Shrimps" aus aller Welt begutachten oder am Stand "Tropical Fish" erfahren, was um die Seychellen aus dem Indischen Ozean gezogen werden kann.

Die wenigsten Aussteller lassen erkennen, dass sie etwas mit dem Schwerpunkt "Nachhaltigkeit" der diesjährigen "Fish International" anfangen können. So ist das MSC-Siegel, das umweltverträgliche Fischerei garantieren soll, nur selten zu sehen.

Dafür kommt das Thema auf der gestrigen Pressekonferenz zur Sprache. Zu der hat Messechef Schneider den Meeresbiologen Christopher Zimmermann eingeladen. Dieser arbeitet im Bundesforschungsinstitut für Ostseefischerei und erklärt Medienberichte über die Überfischung der Meere für "Unsinn". Im Meer gebe es in Fragen der Nachhaltigkeit viel weniger Probleme als an Land, sagt er und schimpft auf die Informationspolitik der Naturschutzverbände, die die Verbraucher unnötig verunsichert habe. "Jahrelang hieß es, ,iss keinen Kabeljau'", dabei treffe dies gar nicht auf alle Fanggebiete zu.

Ein regelmäßiger Blick in einen Einkaufsführer - vom WWF oder Greenpeace - lohnt sich, da sich der Bedrohungsgrad eines Bestands ändern kann. Informationen gibt es dort auch zu Beifang und Umweltbelastungen.

Orientieren kann man sich auch am Siegel des Marine Stewardship Council (MSC), das in Deutschland 800 Produkte - überwiegend aus der Tiefkühltruhe - auszeichnet.

"Stimmt", sagt der Greenpeace-Meeresbiologe Thilo Maack, der sich, um eine Stellungnahme zu den Thesen von Zimmermann gebeten, ein wenig wundert. So seien nach Einschätzung der Europäischen Kommission 88 Prozent der Bestände in europäischen Meeren überfischt und Kabeljau müsse immer noch mit Vorsicht genossen werden: Nur zwei von 13 seien nicht bedroht. Darauf weist der Greenpeace-Fischeinkaufsführer hin. Ebenso unterscheidet der WWF zwischen Kabeljau aus dem Nordost-Atlantik ("Lieber nicht") und Kabeljau aus der Nordost-Arktis ("Gute Wahl"). Auch bei anderen Arten gibt es Unterschiede. Von Makrele aus dem Nordostatlantik etwa rät Greenpeace ab - wegen des hohen Anteils illegaler Fischerei. Und wie soll sich der Verbraucher zurecht finden? Messechef Schneider: "Ich vertraue meinem Fischhändler."

"Der mündige Verbraucher" hingegen, so wie ihn sich der Greenpeace-Fischexperte Maack vorstellt, weiß um die Feinheiten oder trägt einen Fischführer mit sich herum. Nur so, glaubt Maack, könne Druck auf den Handel ausgeübt werden, ausschließlich nachhaltig erzeugten und gefangenen Fisch zu verkaufen. Dazu - und in diesem Punkt ist er sich mit Zimmermann einig - müssten aber die Fanggebiete genau und nachvollziehbar gekennzeichnet werden.

Mit einer anderen Forderung sind die Naturschützer dann wieder alleine: Sie wollen Meeresschutzgebiete, in denen nicht gefischt werden darf. An Land seien zehn Prozent der Welt vor dem Menschen geschützt, rechnet Maack vor. Unter Wasser nicht mal ein Prozent.

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