Hannover 96: Im Abwärtstaumel

Hannover 96 verliert zu Hause 1:3 gegen den 1. FC Nürnberg. Was sich offenbart, ist der desaströse Zustand der Mannschaft - und welchen Aufgaben sich der neue Trainer Mirko Slomka gegenübersieht.

Kann es nicht mehr mitansehen: Hannovers Trainer Mirko Slomka schließt lieber die Augen. : dpa

Er stand da wie festgefroren. Das war während des Spiels so, auch in den ersten Augenblicken danach. Mit den eisigen Temperaturen, die sich an diesem ungemütlichen Samstagnachmittag über das Stadion legten, hatte das rein gar nichts zu tun. Vielmehr musste Mirko Slomka, 42, der neue Trainer des Bundesligisten Hannover 96, so ungläubig wie regungslos von der Seitenlinie aus beobachten, wie sich seine Mannschaft ohne Gegenwehr ihrem Schicksal ergab: 1 : 3 (0 : 1) gegen den 1. FC Nürnberg.

Auch unter seiner Leitung orientierungslos dem Tabellenende entgegenstürzend, drohen die Hannoveraner nach diesem erschreckend schwachen Auftritt vor heimischem Publikum den Boden unter den Füßen zu verlieren. Was aber noch deutlich schwerer wiegt, ist die Tatsache, dass es in diesen Tagen kaum etwas gibt, was Hoffnung macht, in den nächsten Wochen und Monaten im Abstiegskampf bestehen zu können.

Slomka ist noch nicht lange im Amt, gerade einmal eineinhalb Wochen. Spätestens nach dem Spiel gegen Nürnberg muss Slomka klar geworden sein: Diese Aufgabe dürfte deutlich schwieriger werden, als er zunächst angenommen haben mag.

Es war die fünfte Niederlage in Serie, acht Partien hat die Mannschaft nach dem Selbstmord von Nationaltorhüter Robert Enke im November nun nicht mehr gewonnen. Und in die Spur zurückgefunden hat man eben auch unter dem neuen Trainer noch nicht wieder. "Wenn wir ein Gegentor kriegen, dann bricht alles zusammen", sagte Slomka. "Die Mannschaft ist in sich zusammengesackt und braucht lange, bis sie wieder ins Spiel findet."

Gegen den Abstiegskandidaten aus Franken fand diese Mannschaft erst gar nicht statt. Nur 26.722 Zuschauer wollten die Erstliga-Begegnung sehen - so wenige wie schon lange nicht mehr.

Auf dem Platz verwertete Albert Bunjaku, Schweizer Nationalspieler, die wenigen Gelegenheiten der Gäste in fast schon beängstigender Konsequenz (30., 64., 69.). Selbst der zwischenzeitliche Anschlusstreffer von Jirí Stajner (65.) taugte nicht als Mutmacher für eine spielerisch überforderte 96-Mannschaft, die sich nun auf eine härtere Gangart einstellen muss. "Wir werden Entscheidungen treffen müssen, die auch mal wehtun. Damit fangen wir sofort an", sagte Slomka und meinte damit sicherlich nicht das Thema Neuverpflichtungen. Welches nun in Hannover eine noch größere Bedeutung bekommt als ohnehin bereits.

Es schien fast so, als glaubten die vorhandenen Spieler selbst nicht mehr richtig an sich. Nach den immer wieder neuen Niederlagen in der Vergangenheit waren sie wenigstens noch darum bemüht gewesen, ihren Auftritten im Nachhinein positive Momente abzugewinnen, sich aufmunternde Worte zuzusprechen für die nächste schwere Aufgabe und auf diese Weise auch nach außen zu zeigen, dass die Mannschaft noch lebt, sich noch nicht aufgegeben hat. Das war diesmal nicht mehr der Fall: Die Blicke waren leer, die Köpfe gesenkt. Die Spieler sagten erst einmal nichts. Das übernahm ihre Körperhaltung.

Angst und Unsicherheit

Jan Rosenthal, 23, hatte die Sprachlosigkeit als einer der Ersten überwunden. "Die Unsicherheit ist einfach da und bei jedem kleinsten Fehlpass wird sie größer. Wir treffen auf dem Platz einfach viele falsche Entscheidungen. Sobald irgendetwas bei uns nicht läuft, hat der Gegner uns in der Tasche", sagte der zentrale Mittelfeldspieler. "Wenn ein Erfolgserlebnis da wäre, würden wir uns auch direkt wieder fangen."

Eben dieses Erlebnis aber ist nicht recht in Sicht - wohl auch deshalb lassen sich die 96-Spieler nach und nach von dieser Verunsicherung anstecken. Er spüre "eine große Angst und Resignation", erklärte Sportdirektor Jörg Schmadtke. Was ihm in dieser schwierigen Situation denn Hoffnung mache, wollte denn auch ein Reporter nach dem Spiel gegen Nürnberg wissen. "Das", antwortete der Hannoveraner, "ist eine schwierige Frage." Und verschwand.

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