Ausfälle nach Technik-Pannen: Berlin macht der Bahn Beine

Nachdem das Land Berlin die Bahn unter Druck gesetzt hat, entschädigt Konzernchef Grube die Kunden für Zugausfälle. Das Technik-Desaster kostet die Bahn 225 Millionen Euro.

Ein häufiges Bild in Berlin: leerer S-Bahnhof. Bild: dpa

BERLIN taz | Die S-Bahn wird mehrere Werkstätten in Berlin dauerhaft wiedereröffnen und den Kunden 70 Millionen Euro an Entschädigung für Zugausfälle zahlen. Das sagte Bahn-Chef Rüdiger Grube am Donnerstag nach einem Treffen mit dem Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD). Die Krise der S-Bahn, die wegen eines Technik-Desasters seit gut einem halben Jahr ihren Fahrplan nicht mehr einhalten kann, werde voraussichtlich insgesamt 225 Millionen Euro kosten, so Grube.

Doch noch viel größer dürfte der Imageschaden sein, der dem Unternehmen entstanden ist - auch mit Blick auf künftige Ausschreibungen. Anfang Januar hatte der Senat nämlich als Folge der Krise drei Optionen vorgestellt, um das Monopol der S-Bahn in Berlin zu brechen. Das Land drohte erstens damit, einen Teil der S-Bahn-Strecke offen auszuschreiben. Dann könnte sich jedes Unternehmen darauf bewerben und ab Ende 2017 den Betrieb übernehmen - bis dahin läuft noch der aktuelle Verkehrsvertrag der Länder Berlin und Brandenburg mit der Bahn.

Damit die Bahn dann keinen Vorteil wegen ihres bereits bestehenden Fuhrparks hat, würde das Land dann zur Bedingung machen, dass alle Bewerber mit neuen Fahrzeugen antreten müssen. Züge von anderen Strecken können in Berlin ohnehin nicht fahren, weil die Netze inkompatibel sind.

Zweitens könnte das Land auch die Teilstrecke direkt an den landeseigenen Verkehrsbetrieb BVG vergeben. Auch die müsste die notwendigen Wagen dann neu kaufen. Drittens könnte das Land der Bahn auch die S-Bahn abkaufen. Dagegen wehrte sich Grube: "Wir werden die S-Bahn nicht verkaufen." Der Betrieb gehöre zum Kerngeschäft der Bahn.

Der Senat hatte allerdings schon zuvor klargemacht, der Verkauf der S-Bahn werde nicht vom Bahn-Konzern entschieden, sondern von dessen Eigentümer - also dem Bund.

Wowereit sagte am Donnerstag, alle drei Optionen seien nach wie vor aktuell. Es gebe "eine tiefe Vertrauenskrise zur S-Bahn". Es seien "immer wieder die Hoffnungen nicht erfüllt worden". Viele Fahrgäste hätten "die Schnauze voll". Grube entschuldigte sich bei den Kunden.

Die S-Bahn konnte seit Juli 2009 wegen Problemen bei Rädern, Achsen, Bremsen und Motoren nur einen Teil des Angebots aufrechterhalten. Wochenlang waren nur ein Drittel der Züge auf der Schiene, derzeit sind es die Hälfte. Die Züge waren jahrelang nicht wie vorgeschrieben gewartet worden. Bahn-Vorstand Ulrich Homburg hatte "Management-Versagen" eingeräumt.

Wegen der Börsenpläne und der ehrgeizigen Profitvorgaben des ehemaligen Konzernchefs Hartmut Mehdorn hatte die S-Bahn in den vergangenen Jahren einen immer größer werdenden Teil der Einnahmen für den Mutterkonzern abgezweigt: Im Jahr 2005 betrug der Gewinn der S-Bahn noch 8,7 Millionen Euro, im Jahr 2008 waren es bereits 56,3 Millionen. 2009 sollte der Gewinn sogar noch höher liegen - aber dann flog die jahrelange Vernachlässigung der Technik auf.

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