Reform der Job-Center: Ein Antrag, zwei Bescheide

Bundesarbeitsministerin von der Leyen präsentiert ihren Vorschlag zur Jobcenter-Reform. Wichtigste Änderung: Es soll wieder zwei Behörden geben. Die Details im Überblick.

Auch künftig soll man nur einen Antrag auf ALG II stellen müssen. Bild: dpa

BERLIN taz | Das Bundesverfassungsgericht fordert: Die Mischverwaltung zwischen Arbeitsagentur (Bund) und Kommune in den Jobcentern muss bis 2011 aufgelöst werden. Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) reagiert darauf mit einem Vorschlag zur Reform der Jobcenter. Die wichtigsten Änderungen auf einen Blick:

Zwei Sachbearbeiter: Künftig gibt es wieder zwei Behörden. Die Arbeitsagentur ist für die Jobvermittlung, die Berechnung und Bewilligung des Arbeitslosengeldes II (ALG II) sowie Mehrbedarfe, z. B. kostenaufwendige Ernährung und Schwangerschaftszuschlag, zuständig. Die Kommune ist Ansprechpartner für sozialintegrative Betreuung, etwa Schuldnerberatung, die Kosten für Unterkunft und Heizung und einmaligen Bedarf, wie Zuschüsse zu Klassenfahrten.

Agentur und Kommune sollen auf freiwilliger Basis kooperieren und dafür Verträge abschließen. Von der Leyen hofft, dass sich "für die Langzeitarbeitslosen wenig ändert". Der Fallmanager der Agentur und der Kommunalbeamte sollen - im Idealfall - Tür an Tür arbeiten. Bei Streit zwischen Kommune und Agentur, wie viel Einkommen und Vermögen auf die Regelleistung angerechnet wird, greift ein Schlichtungsverfahren.

Zwei Bescheide: Bürger sollen auch künftig nur einen Antrag stellen. Sie erhalten aber zwei Bescheide - in einem Briefumschlag, wenn die Kooperation funktioniert. Von der Leyen erhofft durch mehr "Transparenz" weniger Klagen. Doch sind Leistungsbezieher unzufrieden, müssen sie in Zukunft womöglich gegen zwei Bescheide klagen.

Datenaustausch: Bundesagentur und Kommunen werden keine gemeinsame Software nutzen, sind aber zum Informationsaustausch "verpflichtet".

Erwerbsfähigkeit: Wie bisher entscheidet die Arbeitsagentur darüber, ob jemand als erwerbsfähig gilt. Dazu zählen alle, die drei Stunden pro Tag arbeiten können. Für sie zahlt die Agentur, für Nicht-Erwerbsfähige die Kommune. Da die Entscheidungen Konfliktstoff bieten, soll ein medizinisches Gutachtergremium Streitfälle zwischen Agentur und Kommune schlichten.

Mehrkosten: Von der Leyen erwartet Mehrausgaben für "Personal- und Verwaltungskosten", die Höhe ist jedoch noch unbekannt.

Die Jobcenter-Beschäftigten: Ihre Jobs sind zunächst sicher, so das Arbeitsministerium, relativiert dies aber. So heißt es in Erläuterungen zum Gesetzesvorhaben, für eine "Übergangszeit" strebe man an, auf die Kompetenz der kommunalen Beschäftigten zurückzugreifen.

Optionskommunen machen weiter: Die bestehenden 69 Optionskommunen, in denen sich die Kommunen allein um Hartz-IV-Bezieher kümmern, werden zur Dauereinrichtung. Neue Optionskommunen soll es nicht geben. Dagegen regt sich Widerspruch, auch aus Reihen der CDU: Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff fordert eine Ausweitung der Optionskommunen. Auch der Präsident des Deutschen Landkreistags, Hans Jörg Duppré, plädiert dafür. Laut Umfrage des Landkreistags wären 171 von 240 Landkreise gerne Optionskommune. Nicht zuletzt, um sich Einflussmöglichkeiten auf die Arbeitsmarktpolitik zu bewahren.

Da freut sich Roland Koch - Verschärfung der Sanktionen: In zwei neuen Fällen sollen Kürzungen des ALG II möglich sein: Wenn der Grundsicherungsbezieher die "Anbahnung" einer Arbeit oder Ausbildung "durch sein Verhalten behindert" und wenn er eine "zumutbare Maßnahme zur Eingliederung in Arbeit" nicht antritt.

Neuregelungen gelten erst 2011: Im Februar soll das Kabinett das Gesetz absegnen, im März die erste Lesung im Parlament erfolgen. Ab 1. Januar 2011 soll das Gesetz in Kraft treten.

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