Schlüsselministerien in Afghanistan: Konservative legen zu

Trotz erneuter Ablehnung seiner Kandidaten bekommt Afghanistans Präsident Karsai nach und nach die Minister, die er sich wünscht. Von drei Frauen kommt nur eine durch.

Wichtigste Posten nun besetzt: Afghanistans Präsident Karsai. Bild: dpa

Das afghanische Unterhaus hat am Sonnabend erneut die Mehrheit der von Präsident Hamid Karsai vorgeschlagenen Ministerkandidaten zurückgewiesen. Von seiner zweiten Liste mit 17 Namen kamen nur sieben durch. Die Zahl der besetzten Ressorts stieg auf 14, elf sind noch offen.

Die Abgeordneten verabschiedeten sich anschließend in ihre - auf Anordnung Karsais verschobene - sechswöchige Winterpause. Nun bleibt abzuwarten, ob der Präsident das erneut per Dekret verhindert, um am 28. Januar mit einer vollständigen Regierungsmannschaft im Rücken zur internationalen Afghanistan-Konferenz in London zu reisen.

Allerdings sind fast alle Schlüsselministerien besetzt. Nach Inneres, Verteidigung und Finanzen in der ersten Runde Anfang Januar kamen nun auch das Außenamt sowie Justiz, Wirtschaft und Drogenbekämpfung dazu. Ihre Chefs sind aus Karsais Sicht auch Schlüsselpersonen.

Der angesehene neue Außenminister Salmai Rassul, der den Aachener Grünen Rangin Dadfar Spanta ablöst, wird Karsai international den Rücken freihalten. Der neue Wirtschaftsminister Abdul Hadi Arghandiwal sichert ihm die Unterstützung der starken Islamischen Partei Afghanistans (IPA). Mit etwa 35 von 249 Abgeordneten stellt sie die größte Gruppe im Unterhaus; offiziell gibt es keine Parteifraktionen.

Allerdings kämpft ein Flügel der Partei, geführt vom berüchtigten Mudschaheddin-Chef Gulbuddin Hekmatyar, an der Seite der Taliban bewaffnet gegen Karsais Regierung und seine internationalen Unterstützer. Viele Afghanen in Kabul glauben, dass dahinter eine Doppelstrategie Hekmatyars steckt: militärischen Druck auszuüben und gleichzeitig die Staatsinstitutionen zu infiltrieren. Hekmatyars IPA gehört zu den Gruppen, mit denen Karsai eine Versöhnung anstrebt. Auch in die Ämter für Justiz und Soziales rückten islamische Konservative.

Kontrovers ist der ehemalige Innenminister Zarar Moqbel, der in das Ministerium für Drogenbekämpfung rückt. Der Londoner Guardian zitierte einen früheren britischen Berater Moqbels: Seine Nominierung sei eine absolute Travestie, denn unter dessen Ägide sei das Innenministerium zum Synonym für Korruption und Inkompetenz geworden. Der 43-jährige Tadschike hatte sich vehement für Karsais Wahlkampagne eingesetzt. Afghanische Medien berichteten jüngst, seine Wiederwahl habe er mit Geldgeschenken an Parlamentarier betrieben.

Zwei der drei nominierten Frauen fielen durch, nur die konservativste nicht. Amena Afzali stammt aus einer bekannten Mudschaheddinfamilie. Palwasha Hassan hingegen, die für das Ministerium für Frauenangelegenheiten vorgesehen war und aus der Frauenbewegung kommt, bekam sogar nur die niedrigste Zahl von Jastimmen aller Bewerber. Warum, zeigen Suggestivfragen, die ihr während der Fragestunde vor der Abstimmung von der konservativen Mehrheit im Unterhaus gestellt wurden: "Wie ist ihr Wissensniveau in Bezug auf die Lehren des Islam?" Eine islamistische Abgeordnete fragte: "Wir haben in Ihrer Biografie gelesen, dass sie viel für Frauenhäuser gearbeitet haben. Wir wissen aber, dass solche Häuser kein guter Ort für Mädchen sind. Können Sie sich dazu äußern?" In ihrer Antwort lavierte Hassan zwischen modernen frauenrechtlichen und islamischen Positionen. Der Karsai-kritische Abgeordnete Daud Sultanzoy erklärte nach der Abstimmung: "Auch wenn wir nicht jedes einzelne Resultat gut finden mögen, denke ich, das war Demokratie in Aktion." Das ist wohl etwas zu optimistisch.

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