Julia Jentsch über Schmähpreis: "Firmen reagieren auf Druck"

Die Schauspielerin Julia Jentsch kritisiert den Schweizer Pharmakonzern Hoffmann-La Roche und andere Firmen für ihr unsoziales und unökologisches Verhalten.

Julia Jentsch bei einer Filmpremiere in Prag im Januar. Bild: ap

taz: Frau Jentsch, Sie unterstützen Globalisierungskritiker und greifen Konzerne an. Warum machen Sie das?

Jentsch: Greenpeace und die Leute von der "Erklärung von Bern" haben mich gefragt, ob ich die Verleihung des Anti-Oskars für unsoziale und unökologische Unternehmen moderieren möchte. Weil das Anliegen eine gute Sache ist, habe ich zugesagt. Für die normalen Bürger ist es ja sehr schwierig, bei den großen Unternehmen durchzublicken.

Bürgerrechtsorganisationen und Umweltgruppen haben sechs Firmen für den Kritiker-Preis vorgeschlagen, der Ende Januar parallel zum Weltwirtschaftsforum in Davos verliehen wird. Was werfen Sie den Unternehmen genau vor?

Ich sehe mich nicht in der Funktion, die Unternehmen anzuklagen. Ich finde es aber richtig, die Kritik zur Sprache zu bringen. Deswegen hoffe ich, dass möglichst viele Leute in der Internetabstimmung mithelfen, den Publikumspreis fürs verantwortungsloseste Unternehmen des Jahres zu vergeben. Dem Arzeneimittel-Konzern Hoffmann-La Roche werfen die Kritiker zum Beispiel vor, dass er in China möglicherweise Organe von Hingerichteten für medizinische Forschungsversuche verwendet.

Die Royal Bank of Canada steht auf der Kandidaten-Liste, weil sie angeblich den extrem umweltschädlichen Abbau von Ölsand in Kanada finanziert. Aber brauchen wir das Öl nicht, um unsere Häuser zu heizen?

Die Konzerne könnten sich ja mal mehr mit umfreundlichen Energiequellen beschäftigen. Die Folgen des Klimawandel sind doch zu Genüge bekannt. Natürlich kann nicht alles immer sofort passieren, aber man wünscht sich schon, dass die Firmen den Umweltschutz ernster nehmen. Die Förderung von Ölsand in Kanada kommt mir dagegen wie ein extremer Rückschritt vor.

Meinen Sie, dass die Firmen ihr Verhalten ändern, wenn ihre Praktiken öffentlich bekannt werden?

Ja, so kann es funktionieren. Indem man die Bürger und die Öffentlichkeit informiert, lässt sich Druck aufbauen. Denn die Unternehmen wissen, dass ihr Ansehen bei den Kunden wichtig ist. Manche überdenken ihr Verhalten und ändern ihre Politik. An den Protesten von Greenpeace gegen Shell und die geplante Versenkung der Bohrinsel Brent Spar konnte man das gut beobachten.

Sollten die Parlamente auch schärfere Gesetze beschließen?

Zuerst wünsche ich mir, dass die Unternehmer selbst ein anderes Bewusstsein entwickeln und ihre Prioritäten neu setzen. Sie müssen die Menschen und die Natur achtsamer behandeln. Außerdem sollten sich die Politiker trauen, die Machtfrage zu stellen. Heute verzichten sie oft darauf, und die Konzerne bestimmen unser Leben. Das gefällt mir nicht. Es wäre gut, wenn wir stärkere Gesetze hätten.

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