Dreikönigstreffen in Stuttgart: Landeschef bemängelt Vakuum in FDP

In der FDP wächst die Kritik am Erscheinungsbild der Partei. Seine Partei brauche "neuen Schwung", verlangte der sächsische FDP-Chef vor dem Treffen in Stuttgart.

Gegenwind aus den eigenen Reihen: die FDP. Bild: dpa

BERLIN dpa/rtr | Der sächsische FDP-Vorsitzende Holger Zastrow hat den Zustand der Partei kritisiert. "Da bei uns alle markanten Führungspersönlichkeiten Regierungsämter übernommen haben, gibt es ein Vakuum in der Partei", sagte er am Mittwoch im Deutschlandradio Kultur. Jetzt komme eine neue Zeit. Andere müssten jetzt die Lücken schließen. "Die Partei braucht neuen Schwung. Wir müssen uns schon umstellen." Früher sei die FDP besonders angriffslustig und markant gewesen, sagte Zastrow. Heute komme sie "sehr staatstragend und zurückhaltend" daher.

Auch in seiner 100-Tage-Bilanz der sächsischen CDU/FDP-Koalition in Dresden übte Zastrow Kritik am Erscheinungsbild der schwarz-gelben Koalition auf Bundesebene. Ihn störe das "ganze Hin und Her" und "gegenseitige Profilieren" sehr. Der 40-Jährige, der zugleich die Liberalen im Landtag führt, sprach von einem "Festival der Eitelkeiten" und machte dafür vor allem die CSU verantwortlich. Er schloss aber auch Parteifreunde aus den eigenen Reihen ein.

Die FDP kommt Mittwoch zu ihrem traditionellen Dreikönigstreffen in Stuttgart zusammen. Überschattet wird die Kundgebung vom Dauerstreit in der Koalition über den Umfang und den Zeitpunkt von Steuersenkungen. Als Thema hinzugekommen ist das erneute Tauziehen um die Rolle des Bundes der Vertriebenen (BdV) in der Stiftung "Versöhnung, Flucht, Vertreibung".

Das kommt auch in der Bevölkerung nicht gut an, wie eine neue Umfrage zeigt. Der Vorsitzende der Partei, Guido Westerwelle, hat seit seinem Amtsantritt an Ansehen verloren. Im am Mittwoch veröffentlichten Politikerranking des Magazins "Stern" kommt er nur noch auf durchschnittlich 42 von möglichen 100 Punkten. Damit büßte der FDP-Vorsitzende im Vergleich zur letzten Erhebung Mitte Oktober vier Punkte ein und liegt nun gleichauf mit CSU-Chef Horst Seehofer und Grünen-Fraktionschefin Renate Künast, wie das Meinungsforschungsinstitut Forsa ermittelte. "Der Eindruck der Bürger ist, dass Westerwelle mit dem Amt noch nicht gewachsen ist", sagte Forsa-Chef Manfred Güllner dem Magazin.

Die geplanten Steuersenkungen will die FDP jedoch trotz massiver Bedenken beim Koalitionspartner Union durchboxen. "Ohne Wachstum wird die Haushaltskonsolidierung nicht gelingen. Deshalb müssen wir jetzt eine Schippe drauflegen und die Bürger entlasten", sagte Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) am Mittwoch im Deutschlandfunk. Die Kritik von Wirtschaftsexperten der Union nannte er "Theaterdonner". CSU-Verteidigungsminister Karl- Theodor zu Guttenberg mahnte, die Sanierung des Bundeshaushalts nicht aus dem Blick zu verlieren.

Die Haushaltsdisziplin sollte zum Markenzeichen der neuen Bundesregierung werden. Mit Blick auf zugesagte weitere Milliarden- Steuerentlastungen sagte Guttenberg der "Leipziger Volkszeitung": "Diese Koalition wird all ihre Entscheidungen daran ausrichten, was machbar und auch darstellbar ist." Allen in der Koalition sei klar: "Alles steht unter einem Finanzierungsvorbehalt."

Die FDP-Fraktionsvorsitzende Birgit Homburger sagte in Stuttgart, Schwarz-Gelb habe im Koalitionsvertrag nur das vereinbart, "was finanzierbar und verantwortbar ist". Sie betonte: "Keiner kann sagen, er hätte es vorher nicht gewusst." Es gebe keinen Grund, von den für Anfang kommenden Jahres geplanten Steuerentlastungen abzuweichen. "Mit Selbstzweifeln und Lamentieren überzeugt man niemanden", sagte sie an die Adresse der Union.

Brüderle will die im Koalitionsvertrag angestrebten Steuerziele voll umsetzen. Die Bundesregierung werde sich für ein einfacheres Steuersystem mit einem Stufentarif und niedrigeren Steuersätzen einsetzen, heißt es in einem Entwurf des Jahreswirtschaftsberichts 2010, der der "Rheinischen Post" vorliegt.

Ausdrücklich beharrt Brüderle auf dem Ziel eines Stufentarifs bei der Einkommensteuer. Um insbesondere die unteren und mittleren Einkommensbezieher vorrangig zu entlasten und gleichzeitig den sogenannten Mittelstandsbauch abzuflachen, werde die Regierung den Einkommensteuertarif zu einem Stufentarif umbauen, heißt es. Dieser solle möglichst am 1. Januar 2011 in Kraft treten. Ob die Union bei dem Stufentarif mitzieht, ist aber offen.

"Wir haben auf absehbare Zeit - und damit meine ich bis Ende dieser Legislaturperiode - einfach kein Geld für Steuerentlastungen oder zusätzliche Ausgaben", sagte der CSU-Haushaltspolitiker Bartholomäus Kalb der "Financial Times Deutschland". Auch der haushaltspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Norbert Barthle (CDU), sieht aus heutiger Sicht keine Chancen für niedrigere Steuern. Schwarz-Gelb müsse sich Spielräume für Steuersenkungen zunächst erarbeiten.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.