Tsunami-Frühwarnsystem: Immer noch eine Herausforderung

Bei der Flutkatastrophe vor fünf Jahren gab es mindestens 230.000 Opfer. Künftig soll ein Frühwarnsystem die Menschen schützen. Doch es gibt nicht nur technische Probleme.

Bild: reuters

Im indonesischen Aceh an der Nordwestspitze Sumatras heulen die Sirenen, die Lautsprecher an den Moscheen geben Warnungen durch: Es habe ein Beben der Stärke 9,2 gegeben, die Bewohner sollten sich sofort in Sicherheit bringen.

Was aussah wie ein Notfall, war eine Übung, an der am Morgen des 14. Oktober 2009 achtzehn Anrainerstaaten des Indischen Ozeans teilnahmen. Solche Warnungen hatte es bei der Flutwellenkatastrophe vor fünf Jahren nicht gegeben.

Erst nach dem verheerenden Desaster von Ende Dezember 2004 mit mindestens 230.000 Toten und Vermissten wurde beschlossen, ein Warnsystem für die Region zu errichten. Doch mit den Debatten um ein effektives System ging politischer Zank einher: Der Vorstoß Thailands während einer Tsunamikonferenz Ende Januar 2005 auf der thailändischen Insel Phuket, das bereits in Bangkok angesiedelte Katastrophenschutzzentrum zu einer regionalen Einrichtung auszubauen, stieß auf den entschiedenen Widerstand Indonesiens und Indiens. Beide Länder wollten stattdessen bei der Planung eines Frühwarnsystems die bereits vorhandenen nationalen Warnzentren stärken. Auf jener Konferenz hatten die Indonesier Interesse an der deutschen Technologie unter Federführung des Geoforschungszentrums Potsdam (GFZ) bekundet - so kam es zur Vereinbarung über ein deutsch-indonesisches Warnsystem, welches Teil des Frühwarnsystems für den Indischen Ozean ist. Reibungslos verlief dessen Etablierung nicht. Es kam zu Verzögerungen bei der Umsetzung, und Kritiker monierten, dass die ersten, 2005 nach Indonesien verschifften Bojen zunächst nicht so richtig funktioniert hätten - man hätte sie besser testen müssen.

Im November 2008 wurde das Frühwarnsystem schließlich offiziell in Betrieb genommen. Den Aufbau hat Deutschland mit mehr als 50 Millionen Euro unterstützt. Ende März 2010 soll es vollständig an Indonesien übergeben werden. Wichtigste Komponenten sind Messbojen, Seismometer, Sensoren und Satellitenübertragungen. Die Daten laufen im Kontrollzentrum der indonesischen Hauptstadt Jakarta ein. Von dort aus kann innerhalb weniger Minuten Alarm geschlagen werden. Allerdings, so geben Experten zu bedenken, löse nicht jedes Erdbeben einen Tsunami aus.

Problematisch aber bleibt vor allem die "letzte Meile". "Dafür zu sorgen, dass die Informationen auch bei den Menschen vor Ort ankommen, bleibt eine Herausforderung", bestätigt Al Panico, der beim Internationalen Komitee vom Roten Kreuz und Roten Halbmond in Kuala Lumpur zuständige Abteilungsleiter für die Tsunamihilfe. Das habe bislang nicht immer funktioniert. Vor allem komme es darauf an, Panik zu vermeiden: "Das ist verzwickt, weil die Bewohner so geschult werden müssen, dass sie Warnungen richtig interpretieren können." Organisationen hätten bereits mit etlichen tausend Menschen in gefährdeten Gebieten den Notfall geprobt. Und in den Schulen Südthailands stehe das Thema Tsunami längst auf dem Stundenplan.

Doch auch in Thailand klappt es mit der Übermittlung von Warnungen nicht immer. Bei der technischen Wartung des Systems war offensichtlich geschlampt worden: Eine im Dezember 2006 in Betrieb genommene Boje im Indischen Ozean, ein Geschenk der USA, hatte monatelang nicht funktioniert. Thailand, für die Wartung der Boje zuständig, hatte die Batterie leerlaufen lassen. Geld für deren Austausch sei wegen innenpolitischen Gerangels nicht flüssig gemacht worden, monierte der thailändische Katastrophenexperte Smith Dharmasaroja. Smith hatte mehrfach vergeblich um das Budget für eine neue Batterie gebeten. Schließlich wurde die Boje an Land gebracht und durch eine komplett neue ersetzt. Kurz vor dem fünften Gedenktag der Tsunamikatastrophe war Thailand die Angelegenheit peinlich geworden.

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