BMU prüft Laufzeitverlängerungen: Rendite vor Sicherheit

Das Umweltministerium prüft derzeit Möglichkeiten zur Verlängerung der Laufzeiten der ältesten deutschen Atommeiler. Akw-Gegner planen am Wochenende wieder Flashmobs.

Teilnehmer bei einem der zahlreichen "Störfallmobs". Am Samstag, den 19.12., werden bundesweit in vielen Städten noch einmal Anti-Atom-Flashmobs stattfinden. Bild: ausgestrahlt

Das Umweltministerium prüft derzeit, wie sich Laufzeitverlängerungen realisieren lassen. Das geht aus einer Antwort des Hauses von Norbert Röttgen (CDU) auf eine Anfrage der Grünen hervor. Demnach prüft das Ministerium derzeit gründlich, ob künftig bei der Übertragung von Strommenge vom AKW-Betreiber dargelegte betriebswirtschaftliche Gründe den Ausschlag geben sollen.

Das Atomgesetz erlaubt als Regelfall nur die Übertragung von Strommengen und damit Restlaufzeiten von älteren auf jüngere AKWs. Die umgekehrte Übertragung von moderneren Atomkraftwerken auf ältere mit geringerem Sicherheitsstandard ist nur mit der Zustimmung des Umweltministeriums möglich. Alle bisherigen Anträge der Betreiber hatte die Behörde bislang mit Hilfe einer vergleichenden Sicherheitsanalyse abgelehnt.

Dabei wurden die Sicherheitsniveaus der jeweiligen AKW verglichen, beispielsweise von Neckarwestheim 1 und 2, von Krümmel und Brunsbüttel und Biblis A und dem AKW Emsland. Dabei ließ sich das Ministerium von dem Grundsatz leiten, dass das Atomgesetz vor allem die Risiken der Atomkraftnutzung begrenzen will: Deshalb sei bei der Entscheidung über die Übertragung von Strommengen ausschlaggebend, ob das AKW mit verlängerter Laufzeit sicherer ist.

Die AKW-Betreiber und ihnen nahe stehende Juristen vertraten allerdings stets eine andere Auffassung. So stellte etwa der Rechtsanwalt Gerald Hennenhöfer vor drei Jahren in einem Gutachten fest, dass für die Strommengenübertragung allein vom Betreiber darzulegende betriebswirtschaftliche Gründe ausschlaggebend sein müssten.

Dem deutschen Atomrecht sei nämlich "eine Differenzierung von Kernkraftwerken hinsichtlich des Sicherheitsniveaus fremd". Wenn ein AKW nicht sicher genug sei, müsse ohnehin die Aufsicht eingreifen. Dass das Risiko, etwa die Sicherheit gegen Flugzeugabsturz, je nach Alter und Bauart schwankt, wollte Hennenhöfer nicht wahrhaben.

Nun leitet Hennenhöfer die Atomabteilung des Bundesumweltministeriums, nachdem er von 1998 bis 2003 als Generalbevollmächtigter für Energiepolitik der Viag AG und von Eon – also als Cheflobbyist der Atomindustrie – tätig war.

Nach Überzeugung der Grünen-Bundestagsabgeordneten Sylvia Kotting-Uhl wird unter seinem Einfluss künftig "Sicherheit nicht mehr der erste Maßstab bei Atomfragen sein".

So haben die AKW-Gegner, die am Samstag wieder in mehr als 50 Städten mit Störfall-Flashmobs gegen die Nutzung der Atomkraft demonstrieren, ein weiteres Argument. In Magdeburg übergeben die Kritiker des Endlagers Morsleben ihre Einwendungen. Am Sonntag spazieren andere Aktivisten zum Atommülllager Asse und zum Gorlebener Endlagerbergwerk.

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