Bildungsgipfel in Berlin: Hotelbetten statt Studienplätze

Der Berliner Bildungsgipfel sei ein Märchenland, wettern die Kritiker. Der Bund hat 5,2 Milliarden Euro zugesagt. Im Gegenzug muss die Mehrheit für das Wachstumsgesetz stehen.

Hat sich das laute Poltern doch gelohnt: Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) bekommt mehr Geld vom Bund. Bild: dpa

BERLIN taz | Wer im Vorfeld des Bildungsgipfels in Berlin einen Kuhhandel zwischen Bund und Ländern befürchtete, sieht sich in den Beschlüssen vom Mittwoch bestätigt. "Die Bildungsrepublik ist damit völlig zum Märchenland verkommen", wettert etwa Kai Gehring, bildungspolitischer Sprecher der Grünen, "sie wird abgewrackt statt aufgebaut." Schönrechnen und feilschen wollten Bund und Länder bei den Bildungsausgaben. Dadurch würden sich Unterfinanzierung, Ungerechtigkeiten und Blockaden des Bildungssystems weiter verschärfen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidenten der Länder hatten sich am Mittwoch darauf verständigt, bis zum Jahr 2015 mindestens 13 Milliarden Euro zusätzliche Bildungsausgaben aufbringen zu wollen. Der Bund will von den 13 Milliarden 40 Prozent, also 5,2 Milliarden Euro, tragen.

In welcher Form das Geld in Bildung investiert wird, ist noch offen. Endgültig darüber entschieden werden soll Mitte Juni 2010. Die Lücke wurde von den Finanzministern der Länder ursprünglich auf 28 Milliarden Euro beziffert, dann aber heruntergerechnet.

Als mickrig bezeichnet Kai Gehring die Zusage von 5,2 Milliarden Euro. Der Bund kaufe sich mit dem Geld die Stimmen der Länder zum Wachstumsbeschleunigungsgesetz, das am Freitag vom Bundesrat verabschiedet werden soll. Es sei ein Armutszeugnis, dass die Koalition lieber Hotelbetten subventioniere, statt Studienplätze aufzubauen. Gehring fordert eine Aufhebung des Kooperationsverbots zwischen Bund und Ländern. Zudem müsse ein echter "Pakt für Studierende" geschlossen werden, der 500.000 Studienplätze und bessere Lehr- und Studienbedingungen schafft.

Geht es nach Bundeskanzlerin Merkel, werden die Mittel für einen zweckgebundenen "Pakt für die Lehre" ausgegeben. Nicole Gohlke, hochschulpolitische Sprecherin der Partei die Linke im Bundestag, spricht sich für eine Fortsetzung des Hochschulpakts aus. "Wichtig ist, dass insgesamt mehr investiert wird durch Bund und Länder, die sich momentan die Verantwortung gegenseitig in die Schuhe schieben", sagt sie.

Den Bildungsgipfel nennt Gohlke ergebnislos, was die Bildungspolitik angeht. Probleme, die man konkret angehen sollte, wie Bafög-Reform oder eine einheitliche Zulassungsregelung, seien nicht angefasst worden. "Das war der Versuch, die Länder mit Tricks zu Zusagen für das Wachstumsbeschleunigungsprojekt zu bewegen", so Gohlke, "für die geplante Erhöhung der Bildungsausgaben auf zehn Prozent des BIP wäre deutlich mehr nötig gewesen."

Mit der Geschwindigkeit der Politik unzufrieden ist Jörg Dräger, Ex-Wissenschaftssenator von Hamburg und heute Vorstandsmitglied der Bertelsmann-Stiftung. "Ich bin enttäuscht, dass man den Druck nicht sieht", so Dräger, "wir haben etwa 20 Prozent Risikoschüler, die mit 15 nicht richtig lesen und schreiben können, viel zu viele Hauptschüler, zu wenige Studienplätze - Handlungsbedarf ist da." Ideen gebe es genug: etwa mehr Ganztagsschulen oder ein Sonderprogramm für mehr Lehrer mit Migrationshintergrund.

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