Krise der Landesbank Baden-Württemberg: Verzockt in der Finanzkrise

Die Krise bei der größten deutschen Landesbank LBBW verschärft sich: Hunderte Beamte durchsuchen wegen Untreue-Verdacht gegen Vorstandsmitglieder den Hauptsitz.

Ermittler am 07.12.2009 in Stuttgart. Umzugskarton mit Akten. Bild: dpa

Neben finanziellen Konsequenzen hat die Finanzkrise für die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) auch juristische Folgen: Am Montagmorgen rückten mehr als hundert Beamte an, um den Hauptsitz der von Krisen gebeutelten Bank zu durchsuchen.

Nach taz-Informationen richten sich die Ermittlungen von Staatsanwaltschaft und Landeskriminalamt gegen den gesamten aktuellen Vorstand mit Ausnahme des Vorsitzenden Hans-Jörg Vetter; er war erst im Juni von der Landesbank Berlin nach Stuttgart gewechselt. Den sechs weiteren Mitgliedern des Gremiums wird schwere Untreue vorgeworfen. Auch gegen Vetters Vorgänger Siegfried Jaschinski wird angeblich ermittelt. Im August hatte es bereits bei der LBBW-Immobilientochter eine Razzia wegen Untreue gegeben.

Im aktuellen Fall durchsuchten 240 Beamte die Zentrale und Privathäuser. Die Vorwürfe beziehen sich auf Ende 2006, kurz vor dem Ausbruch der Finanzkrise. Obwohl der Zusammenbruch des US-Immobilienmarkts bereits absehbar war, investierte die Bank weiter dreistellige Millionenbeträge in US-Hypothekenanleihen.

Wie viele Millionen Euro dadurch genau versenkt wurden, ist noch unklar. "Für Lieschen Müller wären die Verluste zu dem Zeitpunkt sicherlich nicht absehbar gewesen. Die Vorstände aber haben eine Betreuungspflicht gegenüber dem Vermögen der Bank", sagte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft zur taz.

Die Geschäfte stellten ein unkalkulierbares Risiko dar. Das Management habe die Geschäfte entweder selbst angeordnet oder hätte diese verhindern müssen, lautet der Vorwurf. Vorermittlungen hatte die Staatsanwaltschaft schon Ende 2008 aufgenommen.

Die LBBW hat sich in der Finanzkrise schwer verzockt. Im vergangenen Jahr wies das Institut über zwei Milliarden Euro Verlust aus. In den ersten neun Monaten dieses Jahres war es unterm Strich ein Minus von 620 Millionen Euro. Die Träger der Bank - die Stadt Stuttgart, das Land Baden-Württemberg sowie der Sparkassenverband Baden-Württemberg - hatten die Bank Ende 2008 mit einer Kapitalspritze von fünf Milliarden Euro vor dem Kollaps gerettet. Die EU will die Rettungsaktion unter der Auflage genehmigen, dass die Bank von einer Anstalt öffentlichen Rechts in eine Aktiengesellschaft umgewandelt wird - was den Einstieg von Investoren ermöglichen würde. Eine Entscheidung dazu wird Ende des Jahres erwartet.

Die Politik reagierte auf die Razzien bei der LBBW überrascht. Der scheidende Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) wollte sich bis Redaktionsschluss nicht äußern. Claus Schmiedel, SPD-Fraktionsvorsitzender im Landtag und Mitglied im LBBW-Verwaltungsrat, sagte: "Wir sind entsetzt. Die Bank braucht jetzt eine Phase der Ruhe."

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