Private Filmaufnahmen aufgetaucht: Marilyn Monroe raucht etwas

Filmaufnahmen zeigen Marilyn Monroe, wie sie mit Freundinnen auf dem Sofa sitzt und raucht. Angeblich Marihuana. Das hat noch keiner gesehen – außer dem FBI.

Aus den Augen von "Gretchen" gesehen: Marilyn Monroe. Bild: screenshot youtube

BERLIN taz | Sie sieht einfach klasse aus, keine Frage. Von dem Gesicht der jungen Frau geht ein Leuchten aus. Tief in ein Sofa gesunken sitzt sie da, neben einer Freundin, sagt etwas, lacht. Sie kokettiert mit der Kamera, dreht den Kopf zur Seite, zeigt ihr Profil und zieht an einer Zigarette. Inhaliert tief und sieht mit breitem Grinsen, offenbar sehr entspannt – und vielleicht auch ein ganz klein wenig breit – in die Kamera.

Offensichtlich ist: Bei der schönen Frau, die im Mittelpunkt dieses vierminütigen 16-Millimeter-Films steht, handelt es sich um Marilyn Monroe. Nicht offensichtlich ist, was sie denn da genau raucht. Aber ist das so wichtig?

Die über den Nachrichtensender CNN und die New York Post verbreiteten Filmaufnahmen lagen angeblich seit über 50 Jahren ungesehen auf einem Dachboden in New Jersey herum. So die Legende, die sich bereits jetzt um die Aufnahmen der rauchenden Marilyn herum spinnt. Tatsächlich hat die Besitzerin der Aufnahmen diese bereits in den 60er Jahren an das FBI ausgeliehen, das Monroes Tod im Jahr 1962 untersucht hatte. Der New Yorker Artefakt-Sammler Keya Morgan, der gerade einen Dokumentarfilm über den Tod der Monroe gedreht hat, wurde laut CNN in einem Interview mit dem verantwortlichen FBI-Agenten auf die Filmaufnahmen aufmerksam gemacht.

Für 275.000 Dollar (rund 180.000 Euro) hat er das Filmmaterial dann von der bei der Sofa-Runde anwesenden Dame gekauft und versprochen, ihre Identität zu schützen. Die Unbekannte, die nur mit ihrem Vornamen "Gretchen" genannt werden will, gab an, sie könne sich nicht genau an das Jahr der Aufnahme erinnern. Es soll aber Ende der 50er Jahre gewesen sein. Und – Skandal?! – dass die Monroe darauf Marihuana rauche. Es sei "Gretchens" eigener Joint gewesen, der in einer kleinen Runde von Freunden die Runde gemacht habe. Eine Minute des kurzen Filmes ohne Ton ist inzwischen bei Youtube aufgetaucht. So kann man natürlich auch PR betreiben. Die kurze Szene macht natürlich neugierig, auf Morgans Film "Marilyn Monroe: Murder at 5th Helena Drive" – ein klassischer Fall von viralem Marketing also.

Schön ist, wie normal die Monroe auf den Aufnahmen wirkt. Nicht wie eine Frau, die bereits den Status einer Legende, eines Sex-Symblos, einer Ikone des 20. Jahrhunderts innehat. Zu der Zeit, zu der die Aufnahmen offenbar gemacht wurden, war Marilyn Monroe mit Arthur Miller verheiratet, einem führenden Intellektuellen, Dramatiker und Gesellschaftskritiker des Landes. Trotzdem könnte sie so auch auf dem Sofa in einem Partykeller in, sagen wir, Berlin-Wedding sitzen. Sicher, aufgepimpt und schick gemacht ist sie schon, aber man sehe sich doch mal die jungen Dinger an, die am Wochenende die Straßen und Clubs erobern.

"Sie ist einfach ein ganz normaler Mensch. Ein Mädchen aus Kalifornien, das raucht, trinkt, Spaß hat, lacht", sagt Keya Morgan über die Monroe in seinem Video. Auch sei keines der anderen beiden Mädchen, die auf dem Video zu sehen sind, offenbar im Filmgeschäft tätig gewesen. "Diese Seite an ihr haben wir selten oder gar nicht zu sehen bekommen." Und da hat er Recht.

Spekulation bleibt natürlich, was sie da genau raucht. Wobei es eigentlich keinen Skandal hervorrufen dürfte, sollte es tatsächlich mit THC angereichertes Rauchwerk sein. Hatte die Monroe, die die letzten Jahre ihres Lebens in ärztlicher und psychoanalytischer Behandlung war, bis sie 1962 an einer Medikamentenüberdosis starb, doch ein Alkohol- und Psychopharmaka-Problem. Nun ist natürlich nicht jeder Pillenfan ein Kiffer, doch dass Marilyn Monroe, die in der Künstlerszene lebte, auch mal gekifft hat, ist recht wahrscheinlich. Gerüchten zufolge, soll sie das sogar gelegentlich zusammen mit ihrem Lover JFK getan haben.

Wer glaubt, dass sich der Genuss von THC und anderen, in der Populärkultur verbreiteten Drogen, in den Vereinigten Staaten erst mit der Generation Flower Power oder der Protestbewegung verbreitete, irrt. Schon in den 30er Jahren war Kiffen unter Jazz-Musikern, Künstlern und Schauspielern weit verbreitet. 1937 erklärten die USA dem Cannabis den Krieg, mit der Parole "War on drugs" und Hollywood Star Robert Mitchum kam 1948 in den Knast, weil er mit Dope erwischt wurde. Cary Grant nahm im Rahmen einer Psychotherapie in den 50ern häufig LSD und empfahl es darauf seinen Kollegen weiter. Und in den 50er Jahren machten die so genannten Beat Poets um William S. Burroughs und Jack Kerouac häufigen Gebrauch von Rauschmitteln aller Art, darunter natürlich auch dem guten alten Gras

Und wer ist dieser Sammler und Doku-Filmer, Keya Morgan? Seine New Yorker Keya Gallery hat sich auf den An- und Verkauf historischer Gegenstände spezialisiert. Nach eigenen Angaben besitzt Morgan die größte Sammlung an Artefakten aus dem US-Bürgerkrieg, außerdem Memorabilia des 16. Präsidenten der Vereinigten Staaten, Abraham Lincoln und sammelt Dokumente und Fotos historischer Personen. Im Angebot der Galerie finden sich signierte Fotografien von Thomas Alva Edison, einem Erfinder der Glühbirne; die Originalfotografie vom Hissen des Star Sprangled Banner auf der japanischen Insel Iwo Jima im Februar 1945, signiert vom Fotografen Joe Rosenthal; sowie ein Originalbild von Sioux-Häuptling Sitting Bull mit dem Western-Helden William Frederick Cody alias Buffalo Bill. Zu seinen Kunden zählen Museen, Auktionshäuser und Universitäten.

Auf der Wunschliste der Dinge, die Morgan und seine Galerie gern ankaufen, stehen illustre Namen anachronistisch beisammen. Er erwirbt mit Vorliebe alte Besitztümer von Ghandi und General Custer, Mozart und Marlon Brando, Albert Einstein und Baseballstar und Monroe-Ex-Gatte Joe DiMaggio, Michelangelo und Teddy Roosevelt. Und natürlich: Marilyn Monroe. Die Rechte an den Filmaufnahmen mit Letzterer will Morgan in der nächsten Woche über das Internetauktionshaus Ebay versteigern.

Was uns natürlich vor allem interessiert: Wer wohl die Unbekannte namens "Gretchen" sein mag, die vor über fünfzig Jahren mit Marilyn Monroe was auch immer rauchen durfte. Wir würden rasend gern einmal mir ihr auf dem Sofa sitzen, Marilyn-Geschichten lauschen und rauchen. Dann könnten wir uns vielleicht sogar den Film sparen, der hier so geschickt beworben wurde.

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