Mainz 05 vs. Dortmund: Familienausflug zu Kloppo

Eineinhalb Jahre ist es her, dass Jürgen Klopp den Mainzern den Rücken kehrte. Am Wochenende werden 7000 Mainzer Fans in Dortmund erwartet. Gut die Hälfte fährt wegen Klopp.

"Allergrößte Wertschätzung und Sympathie" : reuters

Wer erleben möchte, wie die Augen von Christian Heidel zu leuchten beginnen, der muss ihn nur auf die bevorstehende Pflichtaufgabe des FSV Mainz 05 in der Bundesliga ansprechen.

Natürlich, so der Manager, werde das Spiel bei Borussia Dortmund ein ganz besonderes sein, „das ist doch ganz klar. Niemand in Mainz wird das leugnen können.“ Eineinhalb Jahren ist es her, dass Jürgen Klopp dem Verein, bei dem er als Spieler und Trainer groß geworden ist, den Rücken gekehrt hat, um im Revier die nächste Stufe auf der Karriereleiter zu erklimmen. „Noch immer“, betont Heidel, „genießt er bei uns die allergrößte Wertschätzung und Sympathie.“

Wenn Heidel an die tränenreiche Farewell Party denkt, verfällt er in Pathos: „Kein Trainer auf der ganzen Welt ist jemals so verabschiedet worden.“

Am Samstag werden sich 7000 Mainzer Fans auf den Weg nach Dortmund machen, „mindestens 50 Prozent von ihnen“, glaubt Heidel zu wissen, „fahren wegen Jürgen Klopp dorthin.“ Die Tour könnte unter dem Motto „Familienausflug zu Kloppo“ laufen, die Verehrung, die dem 42-jährigen Schwaben in der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt zuteil wird, grenzt schon an Hysterie.

Klopp selbst versucht seit einer Woche emsig, gegenzusteuern und die überbordende Gefühlslage auf Normalmaß einzupegeln. Wenn er auf die besonderen Umstände des Spiels seines alten gegen seinen neuen Arbeitsgeber angesprochen wurde, hat er stets betont, es gäbe derzeit andere Dinge, die ihn beschäftigen.

Dortmunds Trainer hatte zuletzt eine ganze Heerschar verletzter, angeschlagener oder erkrankter Profis zu beklagen, teilweise sei es im Laufe der Woche nicht einmal möglich gewesen, beim Training drei gegen drei zu spielen. Mittlerweile hat sich die Lage jedoch ein wenig entspannt. „Wir werden elf Mann auf dem Platz haben“, sagt Klopp, „und sicher auch noch welche auf der Bank.“

Und so kann sich der in Dortmund und Mainz gleichermaßen hofierte Trainer dann doch ein wenig mit seinem Rendezvous mit der Vergangenheit beschäftigen. „18 Jahre“, weiß Klopp, „sind schon außergewöhnlich.“ Deshalb sei das Spiel gegen Mainz auch für ihn „eine spezielle Geschichte“.

Insgesamt 610 Spiele hat er für den selbsternannten Karnevalsverein absolviert, 340 als Spieler und später 270 als Trainer.

Seit Mai 2008 sitzt Klopp in Dortmund auf der Bank. Auch im neuen, größeren Umfeld passen die Dinge, längst ist Jürgen Klopp zum Gesicht des BVB geworden. Den Job als Trainer in Mainz macht seit Saisonbeginn ein Mann namens Thomas Tuchel. Und das ist eine weitere spannende Episode dieser an Geschichten reichen Begegnung.

Der 36-Jährige erinnert die Beobachter so stark an den früheren Mainzer Trainer, dass er von der „Süddeutschen Zeitung“ bereits als „Kloppo reloaded“ bezeichnet wurde: Rhetorisch stark, eloquent in der Außendarstellung und mit einer taktischen Grundausrichtung, die ein ebenso mutiges wie laufstarkes Auftreten vorsieht.

Auch Manager Heidel hat die Parallelen erkannt: „Diese emotionale Ansprache, das mögen wir nun mal in Mainz. Und während der Spiele“, sagt er schmunzelnd, „brauchst du für beide eine Kette, um sie an der Bank festzumachen.“

Heidel sieht in einem solch temperamentvollen Auftreten eine Vereinsphilosophie, die sich an einem Wort festmachen lasse: Einheit. „Mannschaft, Trainer, Vorstand, Zuschauer, Stadt und Umfeld müssen mit Herzblut zusammenstehen. Kühle Distanz, das ist uns Mainzern fremd.“

Klopp selbst mag sich mit all den Vergleichen zwischen ihm und dem jugendlichen Kollegen nicht so recht anfreunden. Tuchel, so wird der nicht müde zu betonen, kenne er kaum, und deshalb könne er zu diesem Diskurs wenig beisteuern. „Aber als Außenstehender würde ich auch Parallelen erkennen.“

Dennoch geht es ihm gegen den Strich, „dass in jedem Artikel über Mainz auch heute noch mein Name auftaucht“. Klopp 2009, das sei nun mal Borussia Dortmund. Und Mainz 2009, das ist Thomas Tuchel.

Auch Heidel hat eine gewisse Tendenz zur Verwässerung erkannt. Es werde Tuchels bislang so eindrucksvollem Wirken beim Aufsteiger nicht gerecht, „wenn er immer wieder mit Kloppo verglichen wird“. Der Prozess, das Profil der Trainerentdeckung zu schärfen, könnte durch einen Sieg in Dortmund erheblich beschleunigt werden.

Doch dazu, so Klopps Überzeugung, werde es kaum kommen. Er weiß zwar, dass sein Ex-Klub gegen den BVB eine hervorragende Bilanz hat, „doch diese Statistik können die Mainzer nicht ausbauen“. Den Grund dafür kann Klopp exakt benennen: „Weil sie ihren früheren Trainer nicht mehr haben.“

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