Kommentar Überwachungsstaat: Jedem Auto seinen Peilsender

Die Niederlande wollen das perfekte Kfz-Umweltkontrollsystem einführen. Sicherheitspolitiker und Steuerfahnder werden sich feuen, denn damit ist auch eine lückenlose Überwachung möglich.

Dass Autos entsprechend ihrer Umweltschädlichkeit besteuert werden sollen, fordern Umweltschützer seit Langem. Fraglich ist, wie das gerecht umzusetzen wäre. Die Antwort aus den Niederlanden lautet nun: Jedem Auto seinen Peilsender. Diese Lösung soll perfekt sein, und genau das ist ihr Problem.

Perfekte Lösungen sollen stets den Anspruch erfüllen, Risiken und Unsicherheiten komplett auszuschalten. Ob Sicherheitspolitiker Terrorismus bekämpfen, Finanzminister jeden Steuercent einsammeln oder Umweltschützer Abgassünder zur Verantwortung ziehen wollen - es läuft darauf hinaus, ein lückenloses System zu installieren, welches dem Übeltäter nicht das kleinste Schlupfloch lässt.

Doch das vermeintliche Ausschalten von Risiken durch Überwachung schafft an anderer Stelle neue. Wohin ein Mensch wann fährt und wie lange er dort geblieben ist, verrät viel über sein Leben. Ist die Infrastruktur, dies zu erfassen, erst installiert, werden sich die Staatsschützer von den Daten nur schwer fernhalten lassen.

Die Erfahrung zeigt: Der rechtliche Schutz der Daten kann aufgehoben, der technische Schutz umgangen werden. Umweltschutz mag für Linke wichtiger sein als innere Sicherheit. Aber rechtfertigt das, den Behörden so tiefen Einblick in die Privatsphäre zu geben? Wie verträgt sich das mit dem Gedanken, dass in einer Demokratie der Bürger dem Staat grundsätzlich misstrauen können muss?

Die Niederlande und andere demokratisch verfasste Staaten täten gut daran, sich eine andere Regelung zu überlegen - etwa indem starke Luftverpester generell höher besteuert werden. Das Risiko, dass ein Übeltäter durch die Lücke schlüpft, wäre natürlich höher. Das System hätte nicht die Aufgabe, perfekt zu sein, und wäre damit das bessere.

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Redakteur im Ressort Reportage und Recherche. Autor von "Wir waren wie Brüder" (Hanser Berlin 2022) und "Ich höre keine Sirenen mehr. Krieg und Alltag in der Ukraine" (Siedler 2023). Reporterpreis 2018, Theodor-Wolff-Preis 2019, Auszeichnung zum Team des Jahres 2019 zusammen mit den besten Kolleg:innen der Welt für die Recherchen zum Hannibal-Komplex.

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