Kommunikationsdienst Google Wave: Aufreibende Geschwindikeit

Mit Google Wave will der Konzern Kommunikation revolutionieren. Diese soll nicht mehr per Mail, Chat oder Forum stattfinden, sondern integriert in so genannten Waves - ein Test.

Kein Ersatz für E-Mail: Google Wave. Bild: Screenshot

BERLIN taz | Seit Google im Mai seinen neuesten Dienst Google Wave vorgestellt hat, sorgt er für allerlei Diskussionsstoff in der Web-Szene. Das Kommunikationsangebot soll revolutionär sein, heißt es, und für Zugänge zu dem aktuell nur auf Einladung ausprobierbaren Dienst zahlt man auf eBay momentan bis zu 25 US-Dollar. taz.de hatte die Möglichkeit, einen Blick auf das viel gehypte Angebot zu werfen.

Kommunikation in Wellen

Die Kommunikation in Google Wave verläuft für Neubenutzer zunächst recht ungewohnt und stellt eine Mischung aus klassischem Forum, Wiki und Chat dar. Ein neuer Dialogstrang wird mit dem Kommando "New Wave" gestartet. Dann kann einfach losgetippt werden. Menschen, mit denen man innerhalb einer Wave kommunizieren will, werden über eine Kontaktliste ergänzt - sie können diese dann sehen und an ihr mitstricken. Einzelne Botschaften, die in einem übergeordneten Dokument erscheinen, werden im Wave-Jargon "Blip" genannt. Eine Wave enthält also viele einzelne Blips.

Im gesamten Text einer Wave dürfen alle Teilnehmer nicht nur auf Botschaften antworten ("Reply"), sondern Blips anderer Nutzer beliebig editieren - dazu begibt man sich in ein vorhandenes Textfeld und klickt "Edit". Google Wave behält dabei den Überblick, wer was getippt hat und markiert es entsprechend mit der Nutzerkennung. Um später einmal nachzuvollziehen, wie ein Wave-Text entstanden ist, kann man eine Zeitleiste aktivieren. Mit dieser lässt sich dann in einzelnen Schritten vor- und zurückspulen - was auch praktisch ist, wenn jemand in Abwesenheit der anderen Teilnehmer an einer Wave weitergebastelt hat.

Buchstabe für Buchstabe

Das chatartige an Google Wave kann man erleben, wenn alle Teilnehmer zur gleichen Zeit an einem Dokument arbeiten: Jeder einzelne eingetippte Buchstabe wird nämlich sofort angezeigt. Das ist für Menschen, die gerne einmal Tippfehler machen, eventuell ein wenig peinlich und kann eine psychologische Hürde sein - man kommt sich irgendwie beobachtet vor. Google Wave soll deshalb demnächst mit einer Entwurfsfunktion ("Draft") ausgestattet sein, bei der man sein Getippe zunächst verstecken kann, bevor es wirklich an andere geht. Eine entsprechende Checkbox ist schon da, funktioniert allerdings derzeit noch nicht.

Will man seine Wave intelligenter machen, kann man so genannte Roboter hinzuziehen, die als eigene Teilnehmer in eine Wave hineingezogen werden. Das kann ein automatischer Übersetzer sein, der von Englisch ins Französische überträgt, während man tippt, oder eine Suchroutine, die eine bestehende Wave automatisch mit neuen Ergebnissen beispielsweise aus der Anzeigenseite Craigslist versorgt. Ein anderer Roboter macht eine Wave wiederum öffentlich - sie kann dann beispielsweise in ein Blog eingebunden werden, inklusive der Möglichkeit, von dort aus zurück in die Ursprungs-Wave hinein zu kommunizieren.

Google-Dienste bevorzugt

Waves können auch multimedial sein. So genannte Gadgets ermöglichen den Einbau externer Inhalte. Dabei werden die Google-Angebote derzeit bevorzugt - Bilder aus der Bildersuche des Internet-Riesen, YouTube-Videos oder Web-Suchergebnisse lassen sich mit wenigen Mausklicks genauso einbinden wie Google Maps-Karten. Ein "Yes/No/Maybe"-Gadget erlaubt schnelle Abstimmungen im Freundeskreis, auch Twitter-Feeds lassen sich leicht einbinden. Über eine Attachment-Funktion kann man Bilder und andere Dateien vom eigenen Rechner in eine Wave einklinken.

In der momentanen Form ist Google Wave allerdings keineswegs fertig. Zwar hat Google den aktuellen Testbetrieb kürzlich auf rund eine Million Nutzer erweitert, doch stoßen die an erstaunlich vielen Stellen noch auf Baustellenhinweise in Form von "Noch nicht implementiert"-Schildern. Die komplett in der Web-Sprache Javascript dargebotene Oberfläche zeigt sich zudem hier und da leidlich hakelig: Dann klickt man wie wild Befehle an und es passiert dennoch nichts. Wenn Wave einmal funktioniert, fühlt es sich aber fast wie eine normale Desktop-Anwendung an. Genau das wollten die Macher auch erreichen; so lässt sich Wave auch ohne Internet-Zugang nutzen, wenn der Browser die Speichertechnik Google Gears unterstützt. Dann kann man mit bereits empfangenen Waves einfach weiterarbeiten und sie abgleichen sobald wieder Netz vorhanden ist.

Wave für Zuhause

Was man derzeit bei Wave eingibt, liegt komplett auf Googles Servern - eine Tatsache, die nicht nur Datenschützern schwer im Magen liegt. Lobenswerterweise hat der Internet-Riese aber beschlossen, den Quellcode seines neuen Kommunikationsdienstes offenzulegen, so dass etwa Firmen ihren eigenen Wave-Rechner betreiben können, ohne dass Google oder jemand anderes Zugriff auf diese Daten hätte. Wie gut das wirklich funktioniert, ist allerdings noch unklar, bislang ist die Software noch nicht freigegeben.

Google Wave zeigt einige interessante Ansätze, wie Echtzeit-Kommunikation im modernen Web aussehen kann. Ein Ersatz etwa für E-Mail, wie sich die Macher das erhoffen, ist der Dienst aber nicht. Dafür ist die Geschwindigkeit, in der hier Kommunikation abläuft, einfach zu aufreibend. Auch kann man schnell den Überblick verlieren, wenn eine Wave nur genügend Teilnehmer hat - da hilft auch die Rückspulfunktion wenig. Wer mit Wave aber vorhat, mit einem beschränkten Teilnehmerkreis beispielsweise ein Projekt zu koordinieren, erkennt die Vorteile der Instant-Kommunikation schnell. Wenn man sich seinen Wave-Server dann auch noch im eigenen Rechenzentrum aufsetzen kann, ohne die Technik des Datensammlers Google nutzen zu müssen, ist das ein willkommenes Angebot

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