Neues Gesetz in Polen: Zwangsbehandlung für Pädophile

In Polen sollen verurteilte Pädophile in Zukunft mit Hormonen zwangsbehandelt werden um ihren Sexualtrieb zu mindern. Bislang war dafür ihre Zustimmung notwendig.

Keine Menschenrechte für Sexualstraftäter: Der polnische Premier Donald Tusk will sie "zwangskastrieren". Bild: reuters

Als vor gut einem Jahr die polnische Volksseele hoch kochte, weil ein KfZ-Mechaniker in Ostpolen seine minderjährige Tochter sechs Jahre lang geschlagen, vergewaltigt und zweimal geschwängert hatte, versprach Premier Donald Tusk: "Wir führen die Zwangskastration ein."

Donnerstag billigte der Senat, Polens zweite Parlamentskammer, die medikamentöse Zwangsbehandlung von Pädophilen. Bislang musste ein Verurteilter einer Hormonbehandlung zustimmen, die seinen Sexualtrieb mindern sollte. Dies ist in Polen künftig nicht mehr notwendig. Sie wird Teil des Urteils gegen Sexualstraftäter sein.

Bedenken im Senat äußerte nur Polens Expremier und Justizminister Wlodzimierz Cimoszewicz. Er warnte, dass eine Therapie ohne Zustimmung des Patienten Menschenrechte verletzen und damit gegen Polens internationale Verpflichtungen verstoßen könne.

Noch vor einem Jahr hatte der liberalkonservative Premier Tusk erklärt: "Für solche Individuen, für solche Kreaturen, gilt das Wort ,Mensch' nicht mehr. Die Verteidigung der Menschenrechte hat hier keinen Sinn." Gestern aber beschwichtigte ein Vertreter des Justizministeriums die Senatoren. Der Sexualtrieb der Straftäter werde durch die "chemische Zwangskastration" nicht endgültig zerstört, sondern nur zeitweise gedämpft. Bei Gefahr für Leben oder Gesundheit des Patienten soll zudem von der Therapie abgesehen werden.

Die Mehrheit der Polen fordert ein scharfes Vorgehen gegen Sexualstraftäter. Seit Jahren berichten Polens Medien über aufsehenerregende Fälle von Inzest und Kindesmissbrauch. Die Richter verhängen aber meist nur Haftstrafen von ein bis zwei Jahren.

Von 2001 bis 2007 wurden lediglich 15 Sexualstraftäter zu mehr als acht Jahren verurteilt. Dem neuen Gesetz zufolge handelt es sich bei Kindesmissbrauch nicht mehr um ein "Delikt", sondern um ein "Verbrechen", das mit drei bis fünfzehn Jahren Haft, statt zwei bis zwölf Jahren, geahndet werden kann.

Vor einem Jahr warnte der damalige Justizminister Zbigniew Cwiakalski: "Problematisch ist eine möglicherweise unumkehrbare Zwangskastration. Der Verlust der Zeugungsfähigkeit wird nach dem Strafgesetzbuch als Verstümmelung bewertet." Er schlug eine Variante vor, die auch in Deutschland praktiziert wird: "Möglich ist ein Gesetz, das die vorzeitige Haftentlassung vorsieht, wenn sich der Täter für eine chemische Kastration entscheidet." Polens Regierung, Sejm und Senat waren dagegen.

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