Regierungskrise in Simbabwe: Die "große Koalition" ist am Ende

Premierminister Morgan Tsvangirai friert die Einheitsregierung ein. Aber die MDC-Opposition kann sich nicht dazu durchringen, ihre Ämter endgültig niederzulegen.

Premierminister Morgan Tsvangirai hat die Zusammenarbeit mit Mugabe beendet. : dpa

JOHANNESBURG taz | Simbabwes Premierminister Morgan Tsvangirai hat überraschend angekündigt, die gemeinsame Regierung mit Präsident Robert Mugabe zu boykottieren. Damit steht die Regierung der Nationalen Einheit aus Tsvangirais MDC (Bewegung für Demokratischen Wandel) und Mugabes Zanu-PF (Simbabwe Afrikanische Nationalunion/Patriotische Front) vor dem Zusammenbruch. Allerdings zieht sich die Opposition nicht vollständig aus ihren Ämtern zurück, sondern bleibt zunächst den Kabinettssitzungen fern. Tsvangirai wird nicht mehr den wöchentlichen Gesprächen mit Mugabe beiwohnen.

"Wir haben das Recht, uns von einem unehrlichen und unzuverlässigen Partner zu trennen", sagte Tsvangirai gestern. "Zwar sind wir in der Regierung, aber wir werden uns in Zukunft von Zanu-PF trennen und insbesondere vom Kabinett und vom Ministerrat, bis Vertrauen und Respekt wiederhergestellt sind." Die MDC warf der Mugabe-Partei "komplette Missachtung" des der Einheitsregierung zugrundeliegenden politischen Abkommens vor. "Wir haben versucht, die Welt zu überreden, dass alles gut geht", klagte die MDC. "Wir haben alles getan, um diese Regierung zum Funktionieren zu bringen. Jetzt ist die Zeit gekommen, Haltung zu beziehen."

Tsvangirai hatte 2008 Wahlen in Simbabwe gewonnen, wurde aber in eine Stichwahl gezwungen, die er angesichts brutaler Gewalt gegen seine Parteigänger boykottierte. Auf internationalen Druck ließ er sich schließlich im September auf eine gemeinsame Regierung mit seinem Erzfeind Mugabe ein, die im Februar 2009 ihre Arbeit aufnahm. Seither wurde zwar die Wirtschaft stabilisiert, aber viele politische Streitpunkte blieben ungeklärt. So konnten sich Zanu-PF und MDC nicht auf die Ernennung eines neuen Zentralbankgouverneurs und Generalstaatsanwalts sowie der Provinzgouverneure einigen. Tsvangirai beschuldigte seinen Koalitionspartner auch, im Vorfeld der Neuwahlen im Oktober 2010 erneut staatliche Institutionen zu militarisieren.

Scharf kritisiert hat die MDC in letzter Zeit auch eine neue Welle von Enteignungen von Land im Besitz der wenigen verbliebenen weißen Farmer in Simbabwe. Die deutsche Botschaft hat kürzlich schriftlich über die Inbesitznahme der Farm von Charles Lock durch Mugabes Militärs geklagt. Die Ernte wurde gestohlen, Farmarbeiter misshandelt. Ein deutscher Investor, der die Farm mit Lock teilt, verlor dadurch 1 Million US-Dollar. Ein Urteil eines SADC-Gerichts, das eine andere Farmenteignung für unrechtmäßig erklärt hatte, wurde von Simbabwe ignoriert. Das Fass zum Überlaufen brachte die erneute Festnahme des MDC-Schatzmeisters und designierten Vizeagrarministers Roy Bennett. Er steht ab Montag wegen "Terrorismus" vor Gericht.

Simbabwe schlittert jetzt möglicherweise in eine Verfassungskrise. Lovemore Madhuku, Vorsitzender einer von der Opposition organisierten "Verfassungsversammlung", sagte gestern, die MDC verliere ihre Richtung. "Die MDC muss sich entscheiden. Entweder sind sie in der Regierung oder sie sind komplett draußen." Angeblich erwog Tsvangirai zunächst, die Regierung ganz aufzukündigen, wählte dann aber die mildere Variante des "Einfrierens".

Das aber soll laut Tsvangirai andauern, bis die Krise um Roy Bennett und andere Konflikte gelöst sind. Er soll am Mittwoch versucht haben, mit Mugabe und Justizminister Patrick Chinamasa über die Anklage gegen Roy Bennett zu sprechen, blieb aber erfolglos. MDC sieht in der Anklage einen weiteren Beweis von Mugabes Absicht, die MDC zu schwächen. Gleichzeitig gibt es Gerüchte, dass Präsident Mugabe die Auflösung des Parlaments und Neuwahlen erwägt.

Laut Tsvangirai hat insbesondere SADC versagt, denn die Regionalorganisation des südlichen Afrika soll laut Abkommen das Funktionieren der Einheitsregierung garantieren. Stattdessen rief der letzte SADC-Gipfel im Kongo Anfang September zum Ende der geltenden Sanktionen gegen Mugabes Umfeld auf.

Allein Botswanas Präsident Ian Khama erklärte jetzt, sein Land werde eine Mugabe-Alleinregierung nicht anerkennen. "Wenn SADC noch ein Gewissen hat, sollte es schnell handeln, um die Einheitsregierung zu retten", sagte der simbabwische Politologe Eldred Masunungure.

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