Mit Schere, Stroh, Papier

Geschenk-Verzicht ist out. Also ab ins Einkaufsgetümmel? Ein Plädoyer fürs selbst Gebastelte

Vorweihnachtszeit. Zeit der Lebkuchen, Glühweinbuden und natürlich des Geschenkeeinkaufens. Man geht frohen Mutes in die Stadt, denkt an die Familie und dass es an der Zeit ist, endlich all die wirklich passenden Geschenke zu finden, die man in den letzten Jahren leider nicht rechtzeitig aufgetan hat. Und an das Geld, um das man sich erleichtert hat. Na ja.

Das Kind bekommt die lang versprochene Stereoanlage, die Eltern eine neue Tischdecke – sie wollten es so – und mit dem Partner hat man abgemacht, sich nichts zu schenken. Ein Fotoalbum ist immer gut. Nicht so gut sind die aus Kunstleder, dunkelrot mit Goldprägung. Nein, sagt der freundliche Verkäufer; diejenigen mit Papiereinband seien ausverkauft und neue gebe es erst im Januar. Das ist ein bisschen spät.

Leicht verstimmt betritt man das nächste Geschäft. Weihnachtsartikel, wohin man blickt. Dazu aber auch schreiende Kinder, unfrohe Eltern und schlechte Klimaanlagen. Man fährt in den zweiten Stock zur Haushaltsabteilung und läuft einmal im Kreis. Fragt, wo denn bitte Tischdecken wären. „Im Dekorationsbereich, Erdgeschoss.“ Man fährt ins Erdgeschoss und sucht vergebens nach Tischdecken. Fragt, wo es die denn gäbe. Die Verkäuferin betrachtet einen mit einer Mischung aus Langeweile und Missfallen. „Zweiter Stock natürlich, beim Haushaltszubehör.“ Genervt fährt man mit der Rolltreppe zurück und hetzt von Töpfen zu Bettdecken. Zwei Stunden noch, dann schließen alle Geschäfte.

Endlich, Tischdecken. In rot, grün, blau, kariert, liniert, gerafft, gerüscht… Die Qual der Wahl. Vielleicht hätte man ja selbst nähen sollen. Zu spät. Nach einer halben Stunde hat man keine Lust mehr und nimmt die nächstbeste Decke. Unzufrieden trabt man in die nächste Boutique, die beste Freundin soll nicht leer ausgehen. Man probiert eine Bluse für sie an, erkennt, dass die eigenen Vorzüge nicht im optischen Bereich liegen, legt das Kleidungsstück zurück, weil es rot ist und nicht blau. Rotes schätzt die Freundin nicht.

Ob sie noch in Blau zu haben sei, fragt man die Verkäuferin, möglicherweise nicht mehr wirklich freundlich. Aber auch sie scheint nicht mehr von echter Vorweihnachtsfreude erfüllt: „Sind wir hier bei Wünsch-Dir-Was?“, fragt sie zurück. Bestimmt nicht. Nicht im bundesdeutschen Einzelhandel im Advent. Selber machen heißt die Devise, so scheint es. Selber färben, selber nähen, selber basteln…

Josephine Doepner