Campus Rütli: Niemand hat die Absicht, einen Zaun zu errichten

Die Baupläne für den Campus Rütli stehen. Noch offen ist, ob das Gelände eingezäunt wird.

Im Gegensatz zum alten Gelände könnte der neue Campus zaunfrei werden. Bild: ap, Markus Schreiber

Es soll das Vorzeigeprojekt für Neukölln werden. Bildungsangebote für alle Generationen an einem Ort, an dem vor drei Jahren noch die Lehrer das Handtuch schmissen. Seit Dienstag können die Pläne für den Campus Rütli in der Nordneuköllner Nikodemuskirche besichtigt werden. Offen ist nur noch eins: Wie verschlossen soll das Gelände sein?

Der Siegerentwurf des Büros "Plus4930Architektur" schlägt für das 45.000 Quadratmeter große Gelände zwischen Weser- und Pflügerstraße einen laut Jury gelungenen Übergang zwischen Landschaft und Gebäuden vor. Ein sich sanft aus der Wiese erhebender Gebäuderiegel schließt das Areal an der Nordseite zur Pflügerstraße hin ab. An drei Fragen scheiden sich die Geister der Planungsbeteiligten allerdings noch: Wird das Gelände eingezäunt? Bekommen die drei Zugänge Tore? Und wird - wie schon bisher die Rütlischule - der Campus von Wachpersonal kontrolliert werden?

Für die zuständige Senatsverwaltung für Stadtentwicklung ist die Sache klar: "Eine Einzäunung wird es nicht geben", erklärt Petra Rohland von der Pressestelle der Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD). "Es soll ein offenes Gelände sein, offen für den Kiez", so Rohland. Über einen möglichen Wachschutz könne sie allerdings nichts sagen: "Das ist Aufgabe des Bezirks."

Dort, beim zuständigen Stadtrat für Bildung, Wolfgang Schimmang (SPD), wird die Frage ganz anders beantwortet. "Das Gelände soll eingezäunt werden", sagte Schimmang zur taz. Das müsse "nicht heute oder morgen" geschehen, sei jedoch langfristig nicht anders denkbar: "Wir sagen Ja zur Offenheit, aber auch Ja zur Geschlossenheit, um das Gelände vor Verwahrlosung zu schützen. Wir wollen kein illegales Parken, Feiern oder Müll." Das Gelände solle aber täglich möglichst lange für Kinder und Eltern offen sein: "Von morgens 6 Uhr mit Nutzung der Kita bis zu Bürger- und Schulfesten bis 22 Uhr", so der Stadtrat. Damit passe "die Einzäunung gut zum Bildungskonzept des Campus", so Schimmang.

Mit dem anspruchsvollen Projekt "Campus Rütli" reagierte der Bezirk Neukölln auf die katastrophale Entwicklung, die die Rütli-Hauptschule am gleichen Standort genommen hatte. Deren Kollegium hatte in einem Brandbrief vor drei Jahren das Unterrichten an der Schule für unmöglich erklärt: "Aggressivität, Respektlosigkeit und Ignoranz" prägten die Stimmung an der vor allem von Einwandererkindern besuchten Schule, Gewalt sei Alltag. Statt die Schule zu schließen, entschied sich der Bezirk, sie im Rahmen eines Modellprojekts des Senats mit einer benachbarten Grund- und einer Realschule zur Gemeinschaftsschule zusammenzufügen.

Neben dieser Schule sollen auf dem Campusgelände auch weitere Bildungseinrichtungen wie etwa Musikschule, Beratungsstellen für Eltern und Sportanlagen angesiedelt werden. Damit will Neukölln die Bildungschancen im von sozialen und ökonomischen Problemen belasteten Nordneukölln verbessern. Anfang 2010 soll mit dem Bau einer neuen Sport- und Veranstaltungshalle begonnen werden.

Cordula Heckmann, Leiterin der auf dem Campus Rütli angesiedelten Gemeinschaftsschule, teilt Schimmangs Ansicht nicht: "Tore wird es nicht geben", so die Schulleiterin. Denn das Angebot des Campus solle "in den Kiez hineinstrahlen", so Heckmann: "Und wenn die SchülerInnen sich mit ihrer Schule identifizieren, braucht man solche Sicherheitsvorkehrungen nicht mehr."

JAN MOHNHAUPT

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