Schwarz-Gelb einigt sich bei Hartz-IV: Mehr auf der Kante

Die schwarz-gelbe Koalition hat sich am Mittwoch geeinigt. Sie will das Schonvermögen für Hartz-IV-Empfänger erhöhen. Beim Streitthema Steuersenkungen sind sie nach wie vor auseinander.

In den vergangenen Tagen wurde heftig gestichelt, jetzt hat man sich zumindest beim Schonvermögen für Hartz-IV-Empfänger geeinigt. Bild: dpa

BERLIN taz | Die Generalsekretäre kommen früher als geplant, es gibt etwas zu verkünden. Elf Jahre lang haben Union und FDP darauf gewartet, gemeinsam zu regieren. Jetzt dürfen sie es endlich tun, und an diesem 14. Oktober 2009 verkünden sie ihren ersten offiziellen Beschluss: Das Schonvermögen, das Hartz-IV-Empfänger für ihre Altersvorsorge behalten dürfen, wird von 250 auf künftig 750 Euro pro Lebensjahr erhöht. Die Mehrausgaben bezifferte CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla am Mittwoch auf 0,3 Milliarden Euro.

Das sind zwar Peanuts im Vergleich zu den zweistelligen Milliardenbeträgen, die im Streit um Steuersenkungen zur Debatte stehen. Aber es ging den Beteiligten um ein Signal. Wie mit Merkels Visiten auf allen Gewerkschaftstagungen, die der Terminkalender hergibt. Wie mit der medialen Omnipräsenz des CDU-Arbeiterführers Jürgen Rüttgers, der auf allen Kanälen den schwarz-gelben Cheferklärer gibt. Wie mit der Wahl des Ortes für die Koalitionsverhandlungen, Rüttgers nordrhein-westfälischer Landesvertretung in Berlin. Die Botschaft lautet: Schaut her, mit der neuen Regierung kommt nicht die soziale Kälte. Es kommt die Wärme.

Das Thema Schonvermögen eignet sich dafür umso besser, als es aufs Schönste mit konservativ-liberalem Gedankengut harmoniert. "Diejenigen, die fleißig sind und sparsam sind, die sollen durch das Hartz-IV-System nicht bestraft werden", sagte Pofalla. Die FDP freute sich über ihren Erfolg, schließlich hatte sie als einzige Partei die 750 Euro schon in ihr Wahlprogramm geschrieben. Auch CSU-Chef Horst Seehofer sah sich bestätigt. "Ich bin jeden Tag zufriedener", sagte er. "Das höhere Schonvermögen ist eine unserer Forderungen."

Um die klare Botschaft nicht zu trüben, haben die Unterhändler sogar ihre eigenen Maximalforderungen übertroffen. Über die 250 Euro hinaus bleiben Riester-Verträge weiterhin in unbegrenzter Höhe anrechnungsfrei. Nicht angetastet wird auch der Grundfreibetrag von 150 Euro pro Lebensjahr für Ersparnisse, die nicht fürs Alter bestimmt sind. Außerdem sollen Hartz-IV-Empfänger eine selbst genutzte Immobilie in jedem Fall behalten dürfen. Die bisherige Einschränkung - "in angemessener Größe" - entfällt.

So gerne sich die Unterhändler am Mittwoch über ihre soziale Wohltat verbreiteten, so wenig mochten sie über das Streitthema Steuersenkung reden. Während die Union weiter aufs Tempo drückt, spielt die FDP ihren einzigen Trumpf aus: dass sie sich Zeit lassen kann, weil sie sich anders als Merkel auf Termine nie festgelegt hat. "Ich hab bis Weihnachten nichts Wichtiges vor", behauptete der liberale Unterhändler Rainer Brüderle. Als Ziel gilt weiter Merkels Wiederwahl in der ersten Bundestagssitzung am 27. Oktober, damit sie EU-Gipfel, USA-Reise und Mauerfall-Jubiläum als gewählte Kanzlerin absolvieren kann.

Ungehört verhallt am Ende wohl nur der Appell auf einem Plakat, den eine junge Gewerkschafterin vor der Landesvertretung in die Höhe hielt. "Ich will für meine Zukunft … weniger Schulden", stand darauf zu lesen. Eine ungewöhnliche Gewerkschaftsforderung - und deshalb vorerst auch keine Priorität der künftigen Koalition.

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