Landtagswahl in Brandenburg: Rechter Bruderkampf in der Mark

Mit tumben Parolen versuchen DVU und NPD trotz mieser Umfragewerte in den Landtag einzuziehen. Für Ministerpräsident Platzeck (SPD) zählt nur ein "nazifreies Parlament".

In 37 von 44 brandenburgischen Wahlkreisen hat die NPD Direktkandidaten aufgestellt - die DVU in keinem. Bild: dpa

BERLIN taz | Als Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) zum Wahlkampfauftritt im märkischen Oranienburg aufschlägt, ist die NPD schon vor Ort. Mit Transparenten, Flugblättern und eigenem Wahlkampfbus platzen die Rechtsextremen in die SPD-Kundgebung. "Mein wichtigstes Wahlziel ist ein nazifreies Parlament", ruft Platzeck mit Blick auf die Störer in die Menge. Es folgt der größte Applaus für den Landesvater an diesem Nachmittag.

Es ist ein Wahlkampf der Provokationen und tumben Parolen, den NPD und DVU vor der Brandenburger Landtagswahl am Sonntag ausfechten. Ein verzweifelter Wahlkampf. Denn beide Parteien haben so gut wie keine Chance auf einen Einzug ins Parlament. Zuletzt kamen DVU und NPD in Umfragen gemeinsam auf 4 Prozent. 85 Prozent der befragten Brandenburger erklärten, mit Sicherheit nicht rechtsextrem zu wählen. In einer Infratest Dimap-Umfrage vom Freitag erhält die DVU gar nur noch ein Prozent der Stimmen, die NPD ist nicht aufgeführt.

Für die DVU wäre der Nichteinzug dramatisch. Seit 1999 sitzt die Partei im Brandenburger Landtag. 2004 holte sie 6,1 Prozent - und sechs Mandate. Im Parlament gerierten sich die DVU'ler vor allem als Störenfriede. In steten Antragsfluten forderten sie mal die Abschaffung der Landeszentrale für politische Bildung, mal die des Demokratie-Konzeptes "Tolerantes Brandenburg". An anderer Stelle lobte die Fraktion das "hohe Maß an Gesundheitsbewusstsein der NSDAP" oder geißelte Integrationskonzepte als "widernatürlichen Raub an Heimat und Volkstum". Fliegt die DVU nun aus dem Parlament, wäre sie in keinem Landtag mehr vertreten. "Der Anfang vom Ende der DVU", prognostiziert Dirk Wilking, Chef des Mobilen Beratungsteams Brandenburg (MBT).

Seit 2004 hatte der "Deutschlandpakt" zwischen DVU und NPD vereinbart, dass sich beide Parteien bei Wahlen keine Konkurrenz machen. Ende Juni brach die NPD das Bündnis und trat ihrerseits in der Mark an. Da sich nun beide Parteien Stimmen aus dem rechtsextremen Lager abspenstig machen, wird keine von ihnen die Fünf-Prozent-Hürde überschreiten, sind sich Experten wie Verfassungsschutz einig. Zudem wird durch die parallel stattfindende Bundestagswahl eine hohe Wahlbeteiligung erwartet - die rechtsextremen Wahlerfolgen eher schadet. "NPD und DVU geht es nur noch um ihre Wahlkampfkostenerstattung", konstatiert Linken-Abgeordneter Andreas Bernig.

Nach außen versuchen sich DVU und NPD dennoch siegesgewiss zu geben. Ihren Wahlkampf führen sie mit den üblichen Plakatschlachten - und fast identischen Parolen. "Arbeitsplätze zuerst für Deutsche", fordert die NPD. "Der Osten wählt deutsch", plakatiert die DVU. Gemeinsam wird auch gegen Polen gehetzt: Die DVU verteilt "Pawel, bleib zu Hause"-Flugblätter, bei der NPD heißt es "Grenze sichern, Kriminalität stoppen".

Es ist vor allem die NPD, die, wie in Thüringen und Sachsen, auf Provokationen setzt. Wahlkampfauftritte von SPD und Linkspartei werden gestört. In Joachimsthal forderte die NPD vor dem Haus eines aus der Haft entlassenen Sexualstraftäters "Höchststrafe für Kinderschänder". Und erst in der vergangenen Woche beschimpfte NPD-Landeschef und Spitzenkandidat Klaus Beier bei einem Fernsehauftritt den Fußballnationalspieler Mesut Özil als "Plastedeutschen".

In 37 von 44 Wahlkreisen hat die NPD Direktkandidaten aufgestellt. Die DVU kämpft dagegen um Personal. Ende August starb ihr Landesvorsitzender und parlamentarischer Geschäftsführer. Zur Landtagswahl präsentiert sie keinen einzigen Direktkandidaten. Auch eine Kundgebungs-Tour der DVU durch sieben größere Städte geriet zum Flop: Die Partei fand sich auf verlassenen Marktplätzen wieder - begleitet von stetem Gegenprotest. Bei ihrem Wahlkampfabschluss am Sonntag in Potsdam standen 54 DVU'ler rund 2.500 Gegendemonstranten gegenüber.

Für MBT-Mann Wilking ein Zeichen, dass rechtsextreme Propaganda im Land zunehmend weniger verfängt. "Die Akzeptanz von DVU und NPD hat abgenommen, deren Infostände sind grausam schlecht besucht." Auch Landtagspräsident Gunter Fritsch (SPD) sieht heute "anders als vor drei, vier Jahren überall Protest im Land, wo die Rechten sich regen". Ein Landtag ohne Rechtsextreme wäre daher ein schönes Zeichen - für das jüngste demokratische Engagement der Brandenburger.

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