Lohnstreit: Diakonie will Verdi raushalten

Erstmals wollen Diakonie-Beschäftigte in dieser Woche streiken. Die Kirche wirft Ver.di vor, die Auseinandersetzung "für einen Systemwechsel zu instrumentalisieren".

In der Inneren Mission wird diese Woche gestreikt. Bild: Christian Jakob

Der Lohnstreit in der Diakonie spitzt sich zu. Mittwoch und Donnerstag wollen Beschäftigte von Innerer Mission und Friedehorst für jeweils einen Tag streiken. Es handelt sich um den ersten Arbeitskampf in der Diakonie überhaupt. Das Diakonische Werk Bremen hat seine Angestellten aufgefordert, sich dem Streikaufruf von Ver.di und der Mitarbeitervertretung zu verweigern. Die evangelische Kirche reichte eine Klage ein, um den Streikaufruf verbieten zu lassen.

Seit fast zwei Jahren verhandelt die "Arbeitsrechtliche Kommission" (ARK) des evangelischen Wohlfahrtsverbandes, ohne eine Einigung. Und schon seit 2005 gab es für die bundesweit rund 140.000 Diakonie-Beschäftigten - mit Ausnahme einer Einmalzahlung - keine Lohnerhöhung mehr. Immer wieder drohten sie deshalb mit der Aufkündigung des sogenannten "Dritten Weges". Dabei handelt es sich um ein kirchliches Sonderverfahren zur Lohnfindung, das ohne Gewerkschaften auskommt und den Beschäftigten kein Streikrecht einräumt.

"Bis jetzt liegt kein verhandlungsfähiges Angebot der Diakonie vor," sagt Ver.di-Sekretär Uwe Schmid. Die Entgelttabellen seien "noch immer auf dem Stand von 2004". Laut Schmid beträgt der Einkommensabstand gegenüber der Caritas bereits mehr als acht Prozent. Caritas und Rotes Kreuz haben den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst nachvollzogen. Für Schmid ist klar, dass der "Dritte Weg" deshalb gescheitert ist. Er will, dass die Diakonie künftig mit Ver.di die Tarifverträge aushandelt. "Nur das bietet ein Verhandlungssystem auf gleicher Augenhöhe."

Für die Diakonie kommt das nicht in Frage. In einer Erklärung warnt der Verband davor, eine "absehbare Einigung kurz vor einem möglichen Abschluss zu gefährden". Für den stellvertretenden Bremer Diakonie-Vorsitzenden Uwe Mletzko, bedarf es lediglich einer "Neubesinnung der ARK-Mitglieder, dass sie einem gemeinsamen Ziel verpflichtet" seien. "Das ist wie bei einer Papstwahl", sagt Mletzko. "Die Dienstgeber" - gemeint sind die Arbeitgeber - "sind bereit, sie suchen Wege". Und eben diese habe Ver.di "sehr bewusst gestört, um sagen zu können, der ,Dritte Weg' ist gescheitert". Für Mletzko ist klar, dass die Gewerkschaft den Tarifstreit "instrumentalisiert, um einen Systemwechsel herbeizuführen". Ihr gehe es "nicht im ersten Sinne um einen angemessenen Lohn", sondern darum "im kirchlichen Bereich einen Fuß in die Tür zu kriegen", um ihre Mitgliederverluste in anderen Branchen zu kompensieren. "Völliger Quatsch", sagt dazu Mitarbeitervertreter und ARK-Mitglied Christof Fantini. "Die Arbeitnehmerseite hat bei Ver.di angeklopft und um Unterstützung gebeten, nachdem wir gemerkt haben, dass die Arbeitgeber es darauf anlegen, Lohndrückerei zu betreiben." Deren Angebot nennt Fantini "eine Mogelpackung". Die angeblich gebotenen acht Prozent reduzieren sich durch verschiedene Kompensationsmechanismen auf real unter vier Prozent. "Es gibt keinen Grund, die Beschäftigten bei uns schlechter zu stellen als die der Caritas und das Roten Kreuzes." Die seien durch die Übernahme des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst "auch alle nicht untergegangen".

Versöhnliche Töne schlägt Pastor Mletzko an, wenn es um die Kooperation von Ver.di bei der Abstimmung des Streiks geht. "Wir haben eine Verantwortung für Alte, Behinderte, psychisch kranke Menschen und Wohnungslose." Diese dürften durch den Streik nicht gefährdet werden. Was die Sicherstellung der Dienstpläne an den Streiktagen angehe, sei Ver.di jedoch "kooperativ" gewesen, so Mletzko.

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