Klimaserie (III) Kraft-Wärme-Kopplung: Politik versagt

Die große Koalition wollte, dass bis 2020 etwa 25 Prozent des Stroms aus KWK-Anlagen stammt. Doch dafür stellte sie nur 750 Millionen Euro zur Verfügung - das reicht für eine Quote von 17 Prozent.

BERLIN taz | Das Kürzel KWK steht für eine der am meisten unterschätzten Klimaschutzmaßnahmen: Kraft-Wärme-Kopplung. In KWK-Anlagen wird gleichzeitig Strom und Wärme erzeugt. Jeder per Fernwärme beheizte Haushalt spart pro Jahr rund 1 Tonne Kohlendioxid ein. Billiger ist die kombinierte Erzeugung meist auch. Aus gutem Grund hat die Regierung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) deshalb als Punkt 1 ihres Meseberg-Pakets einen massiven KWK-Ausbau beschlossen. 14 Millionen Tonnen jährliche CO2-Einsparung sollte dies nach Schätzungen des Umweltbundesamtes bringen.

"Wenn die Regierung hier scheitert, kann sie ihre Klimaziele abschreiben", sagt Gerd Rosenkranz von der Deutschen Umwelthilfe. Nach einem Scheitern aber sieht es im Moment aus. Lediglich 750 Millionen Euro machten Union und SPD locker. Gerade mal ein Anstieg um 5, 6 Prozentpunkte auf dann 17 Prozent KWK-Anteil an der deutschen Stromerzeugung sei damit möglich, kritisiert Hans-Josef Fell, Energieexperte der bündnisgrünen Bundestagsfraktion. Weit entfernt wäre das vom in Meseberg beschlossene Ziel, dass 2020 ein Viertel der hierzulande erzeugten Elektrizität aus Anlagen mit Kraft-Wärme-Kopplung stammen soll.

Zudem hat es die Regierung versäumt, den Bau neuer Fernwärmenetze attraktiver zu machen. Magere 150 Millionen Euro sieht der Gesetzgeber derzeit dafür vor. Doch ein "massiver Zuwachs" an KWK sei ohne die notwendigen Rohrleitungen für die Heizwärme unmöglich, erklärt Adi Golbach vom KWK-Bundesverband. "Schließlich muss die Fernwärme auch zu den Verbrauchern gelangen." Golbach fordert satte zwei Milliarden jährlich.

Die Einzigen, die nicht profitieren, sind die Stromriesen Eon, RWE & Co. - denn ihnen werden die kleinen Kombi-Kraftwerke Marktanteile abnehmen. In Baden-Württemberg macht der Versorger EnBW Privathaushalten das Leben schwer, die sich ein Mini-BHKW in den Keller gestellt haben. Laut Gesetz sollen sie für den erzeugten Strom 5,1 Cent pro Kilowattstunde erhalten. EnBW aber hat KWK-Pionieren im Ländle mit juristischen Finessen das Geld verweigert. Der Strom-Multi argumentiert, dass jeder Haushalt mit einer solchen Anlage nicht nur zum Stromanbieter, sondern auch zum eigenen Netzbetreiber wird - nämlich dem Stromnetz im Haus. Und das Energierecht verpflichte nur zur Abnahme von KWK-Strom von Privathaushalten, nicht aber von "fremden" Netzbetreibern.

Doch es geht auch unauffälliger. Ohne großes Aufsehen traf sich Ende Mai dieses Jahres eine Expertenrunde des Elektrotechnik-Verbands VDE in seiner Außenstelle im vornehmen Berliner Viertel Charlottenburg. Sie legten eine Norm fest, die den Betreibern von Photovoltaik- und KWK-Anlagen das Leben schwer macht. Sie verlangt, dass jeder Hausbesitzer, der Strom erzeugt, einen zweiten Stromzähler "am zentralen Zählerplatz" installieren lassen muss. Bisher konnte das Gerät, das den erzeugten Strom misst, neben der Solar- oder KWK-Anlage angebracht werden. Nun aber müssen im halben Haus Wände aufgestemmt werden. Die Mehrkosten dafür könnten die ganze Anlage unrentabel werden lassen, klagt KWK-Lobbyist Golbach, "vom Aufwand, Lärm und Dreck bei der Montage ganz abgesehen".

Die neue VDE-Norm diene, wie es in der Begründung kühl heißt, "der besseren Übersichtlichkeit und besseren Ablesbarkeit". Vorsitzender des einfallsreichen Gremiums ist übrigens der RWE-Manager Ludger Meier.

HENNER WEITHÖNER

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