Klimaschutz und Mobilität: Die Autokanzlerin

Vor zwei Jahren einigte sich die Bundesregierung auf Maßnahmen, um den CO2-Ausstoß im Verkehr zu senken. Auf der IAA unterstützt Merkel die deutschen Autokonzerne.

Bundeskanzlerin Merkel hat beim Klimaschutz mehr geredet als gehandelt. Bild: ap

BERLIN taz | Im Verkehrsbereich kommt Deutschland mit dem Klimaschutz nicht voran, allen vollmundigen Ankündigungen zum Elektroauto zum Trotz. Bei der Eröffnung der Internationalen Automobil-Ausstellung (IAA) in Frankfurt (Main) bekräftigte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Donnerstag ihre Unterstützung für die deutschen Autokonzerne bei den Klimaschutz-Aktivitäten der EU-Kommission.

"Es kann nicht sein, dass wir in einer freiheitlichen Welt die Größe des Autos vorschreiben und normieren", sagte Merkel mit Blick auf europäische Umweltauflagen, die Herstellern von Wagen mit einem hohen Spritverbrauch in einigen Jahren Strafen bringen können. Der Konsument müsse selbst entscheiden können, welche Art Auto er wähle. Deutsche Hersteller wie Daimler oder BMW sind sogenannte Premium-Autobauer, die vor allem große Wagen mit größeren Motoren herstellen.

Vor zwei Jahren hörte sich das noch etwas anders an. Damals, bei der Kabinettsklausur im brandenburgischen Meseberg, hatte die Bundesregierung ein "Integriertes Klima- und Energie-Paket" beschlossen, das auch den Treibhausgas-Ausstoß auf den Straßen massiv senken helfen sollte. Auf drei konkrete Maßnahmen einigte sich die Koalition in Meseberg. Erstens sollte beim Kfz-Kauf - wie bei Kühlschränken längst üblich - die Energieeffizienz im Verkaufssalon deutlich ausgezeichnet werden.

Zweitens sollte die Kfz-Steuer sich künftig am CO2-Ausstoß orientieren und so Autos begünstigen, die wenig Klimagase in die Umwelt pusten. Schließlich einigte man sich auf eine Obergrenze, wie viel Neufahrzeuge in der EU ab 2012 ausstoßen sollen: 130 Gramm CO2 pro Kilometer - mehr, als Brüssel ursprünglich vorgeschlagen hatte.

Eine vierte Idee von Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) kassierte das Kabinett in Meseberg: die Abschaffung der steuerlichen Begünstigung von klimaschädlichen Dienstwagen. Dabei sind mehr als die Hälfte der neu zugelassenen Autos Firmenwagen, in der Regel spritfressende Mittel- und Oberklasselimousinen - aber gerade dort verdienen die deutschen Autokonzerne das meiste Geld.

Schon 2008 sollte die Kennzeichnungspflicht für den CO2-Ausstoß in Kraft treten. Geplant waren Effizienzklassen von A (für besonders sparsam) bis G (für wenig sparsam), zur leichteren Erkennbarkeit durch farbige Balken dargestellt. Die Autolobby wehrt sich gegen die Regel, weil sie Nachteile für ihre sprithungrigen Neuwagen gegenüber den Wettbewerbern fürchtet. So passierte bis zur letzten Parlamentssitzung vor der Sommerpause 2009 nichts. Aus dem Hause von Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) hieß es lapidar: "Das wird vor der Wahl nichts mehr."

Drei lange Jahre stritt die Bundesregierung auch über die Reform der Kfz-Steuer. Gabriel, der gerne mehr Kaufanreize für klimafreundliche Autos gewagt hätte, spürte während der Verhandlungen die eiserne Sparhand seines Finanzministers Peer Steinbrück im Nacken. Eine staatliche Kaufprämie für umweltfreundliche Autos wie in Frankreich? "Mach die Augen zu, dann siehst du, wie viel Geld wir für so etwas übrig haben", soll Steinbrücks Kommentar an seinen Genossen hinter verschlossenen Türen gelautet haben. Später machte man Milliarden für die Abwrackprämie locker.

Am 1. Juli trat der weichgespülte Kfz-Steuer-Kompromiss in Kraft, der dem Klima nicht viel bringen wird. Grundlage der neuen Steuer ist weiterhin der Hubraum, die CO2-Komponente fällt mit 2 Euro (ab einem Ausstoß von 120 Gramm pro Kilometer) schwach aus. Ergebnis: Der Luxuswagen Mercedes S 500 steigt in der Steuer von 371 Euro auf künftig 458 Euro jährlich - macht 7,25 Euro mehr Steuern pro Monat. Man darf bezweifeln, dass sich die reichen Liebhaber solcher PS-Boliden dadurch vom Kauf abhalten lassen.

Bei den Verbrauchsgrenzen für Neuwagen konnten sich Audi, BMW, Daimler & Co ganz auf das Wort der Kanzlerin verlassen. Auf ihren Druck in Brüssel hin wurden zahlreiche Ausnahmeregeln für die künftigen CO2-Richtwerte erlassen, dank derer sie von der deutschen Autoindustrie ohne größere Anstrengungen erreicht werden können.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.