Videoüberwachung: Der Staat guckt mit

In Hamburg sind etwa 400 Kameras an öffentlichen Plätzen installiert. Der oberste Datenschutzbeauftragte kritisiert, dass es dafür keine Rechtsgrundlage gibt.

Nur öffentliche Räume dürfen überwacht werden. Bild: dpa

Mitten in der deutschlandweiten Diskussion um mehr Videoüberwachung in S-Bahnen fordert Hamburgs oberster Datenschutzbeauftragter weniger Kameras im öffentlichen Raum. In der Hansestadt hätten staatliche Stellen Videokameras in beträchtlichem Ausmaß installiert, zu einem großen Teil ohne rechtliche Grundlage, sagt Johannes Caspar.

Eine Kleine Anfrage der Linkspartei an den Hamburger Senat hatte ergeben, dass in öffentlichen Gebäuden insgesamt 397 Kameras hängen. Davon sind 90 Geräte in Dienstgebäuden und Gerichten installiert, 41 in staatlichen Museen und 73 in den Hochschulen. Wie viele dieser Kameras aufzeichnen, ist allerdings unklar.

Klar ist jedoch die Unrechtmäßigkeit ihrer Anbringung. Nach hamburgischem Recht darf nur die Polizei öffentliche Räume überwachen. "Darüber hinaus fehlen aber Ermächtigungen für öffentliche Stellen, Videokameras im öffentlichen Raum zu betreiben", sagt Caspar. Er fordert, die betreffenden Kameras, beispielsweise in Behördenräumen, abzubauen.

Die innenpolitische Sprecherin der Hamburger Linkspartei, Christiane Schneider, sieht das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung gefährdet. "Das Ausmaß der Überwachung und die Missachtung der Grundrechte ist erschreckend", sagt sie. Farid Müller, justizpolitischer Sprecher der GAL-Bürgerschaftsfraktion, fordert ebenfalls die Abschaltung der Kameras sowie das Löschen von gespeicherten Daten. "Die Notwendigkeit dieser Maßnahmen muss überprüft werden", sagte Müller am Mittwoch.

Aber es nicht allein der Datenmissbrauch, um den sich der Datenschutzbeauftragte Caspar sorgt. So erzeuge die Anwesenheit von Kameras an öffentlichen Orten einen "Überwachungsdruck". "Die meisten Menschen verhalten sich anders, wenn sie sich beobachtet fühlen." Es steige die Bereitschaft, sich sozial angepasst zu verhalten.

Wer sich im Aufnahmebereich einer Kamera bewegt, wird automatisch zum Verdächtigen - auch wenn kein Fehlverhalten vorliegt. In einer Stadt wie Hamburg kann jeder verdächtig sein: Hartz-IV-Bezieher an den Kassenautomaten der Arge, Studenten an den Universitäten, Museumsbesucher. Wenn die Stadt Hamburg diese Überwachungskameras weiter betreiben wolle, müsse sie eine Rechtsgrundlage schaffen, die den Persönlichkeitsschutz berücksichtigt, fordert Caspar.

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