S-Bahn manipuliert Wartungsprotokolle: Nächster Stopp: Strafgericht

Neuer Zwischenhalt im S-Bahn-Debakel: Die Bahn gibt Wartungsbetrug im großen Stil zu.

Hier rollt gar nichts Bild: dpa

Dass die S-Bahn nicht fährt, weiß jeder. Dass sie übel betrügt, jetzt auch: Bei der Berliner S-Bahn soll es laut Aussagen der Deutschen Bahn AG, der das Unternehmen gehört, seit 2004 massive Manipulationen an Wartungsprotokollen gegeben haben. Demnach fälschten Mitarbeiter der S-Bahn regelmäßig und systematisch Protokolle, um zu dokumentieren, was sie gar nicht taten: Obwohl sie die vorgeschriebenen Wartungen an Bremszylindern nicht durchführten, hakten sie die angeblichen Instandhaltungsarbeiten trotzdem ab.

Wegen der brisanten Vorfälle, die derzeit das Berliner Verkehrsnetz lähmen, ging die Deutsche Bahn gestern selbst in die Offensive: Die Bahn dulde "keinerlei Unregelmäßigkeiten" bei Vorgängen, die mit der Sicherheit von Fahrgästen zu tun hätten, erklärte der Bahn-Vorstand für den Personenverkehr, Ulrich Homburg. Klar ist laut Homburg, dass die Verantwortung des Manipulationsskandals nicht bei einzelnen Mitarbeitern in der Zugwartung liege: "Dies ist nur auf Anweisung von oben möglich." Er beschuldigt damit direkt den Anfang Juli gefeuerten Vorstand der Bahn-Tochter.

Gleichzeitig lobte Homburg die Werkstattmitarbeiter, die einen "Irrsinnsjob" machen würden. Die wirds freuen: Genau die nämlich lässt die S-Bahn durch die rigorosen Sparvorgaben der Bahn am meisten bluten: Seit 2004 strich die Berliner S-Bahn bereits rund 2.000 Stellen, davon viele im Werkstatt- und Wartungsbereich. Weitere Kündigungen stehen aus.

Die neuen Vorwürfe rufen auch die Berliner Staatsanwaltschaft erneut auf den Plan. Bei ihr läuft bereits wegen des zurückliegenden S-Bahn-Chaos im Juli ein Strafverfahren gegen den Ex-Vorstand der S-Bahn. Den Verantwortlichen wird vorgeworfen, die Wartungsintervalle der Räder und Achsen nicht eingehalten und damit die Sicherheit im Bahnverkehr gefährdet zu haben. Eine Ausweitung der Ermittlungen ist nicht unwahrscheinlich.

Das Eisenbahnbundesamt wollte die Manipulationsvorwürfe dagegen am Freitag nicht kommentieren und verweist auf die laufenden Ermittlungen.

Dafür haben die Manipulationsvorwürfe ein Nachspiel auf der politischen Ebene: Claudia Hämmerling, verkehrspolitische Sprecherin der Grünen im Abgeordnetenhaus, bekräftigte am Freitag erneut ihre Forderung nach einem bundesweiten Bahn-TÜV. "Ein nach Profit strebendes Unternehmen führt nicht selbstverständlich alle nötigen Wartungsarbeiten durch." Anders als bei Flugzeugen oder Bussen sind nach dem Allgemeinen Eisenbahngesetz im Schienenverkehr die Unternehmen selbst für die Sicherheit ihrer Züge verantwortlich - oder eben auch nicht. Mohamed Amjahid

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.