LESERINNENBRIEFE
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Eltern fehlt Sozialkompetenz

■ betr.: „Primarschule in Gefahr“, taz vom 19. 11. 09

Wenn auch „Linke“ für ihre Kinder alleine die bessere Schule reservieren wollen, so kann das Lifestyle-Gier sein, es können aber auch Ängste mitspielen. Schockiert war ich letzte Woche, als mir erzählt wurde, in Hamburg würden die Eltern gegen die Gemeinschaftsschule protestieren, weil die Kinder das Gymnasium nicht mehr schaffen könnten, wenn sie erst nach der 6. Klasse dorthin wechseln würden. Wenn es eine Schule gibt, die ab dem zarten Alten von zehn Jahren nur unter strengsten und schwersten Bedingungen den Abschluss ermöglicht, dann schicke ich mein Kind dort nicht hin. Und vielleicht sollten diese Kinder mehr als andere länger auf einer Gemeinschaftsschule bleiben, damit sie die ihren Eltern fehlende Sozialkompetenz erlernen können. DANIELA SELBERG, Hannover

„Verbrechen an den Kindern“

■ betr.: „Ungerechtigkeit als Prinzip von Bildung“, taz v. 16. 12. 09

Christoph Ehmann sagt endlich mal, welch alte braune Muster hinter den „leistungshomogenen Gruppen“ (durch „Erbgut“, Auslese, Ausgrenzung) der Kinder-Sortieranlage hier in Rausland stehen. Sie sei „in nicht geringem Maß das Resultat deutscher Angst vor Heterogenität“, stellt der jüdischamerikanische Germanist Sander L. Gilman fest, freilich mit Blick auf die Shoah (nicht die deutsche Schule) als die Frucht deutsch gebildeter Köpfe. Äpfel und Birnen, ein inkorrekter Vergleich? „Die Kinder dieses Volkes können einem leid tun, wie kalt und unpersönlich mit ihnen umgegangen wird“, schrieb Lea Fleischmann, als sie 1980 das deutsche Schulsystem verließ, „aber sie werden zu gefährlichen Erwachsenen“. Der Kriminologe Christian Pfeiffer bezeichnet das deutsche „Schulsystem von vorgestern“ als einen Hauptfaktor für Jugendgewalt. Und wenn die Wiener Doku-Filmerin Ruth Beckermann schon das österreichische Schulsystem „ein Verbrechen an den Kindern“ nennt, dann gilt das erst recht für das deutsche. KONRAD YONA RIGGENMANN, Pfaffenhofen

Es ist ein Trauerspiel

■ betr.: „Freistaat hat die Krise“, taz vom 16. 12. 09

Da kann man nur hoffen, dass den Wählern in Bayern klar wird, dass man sich dieser machtgeilen Strauß-Verehrer und Honorationspolitiker endlich entledigen muss. Denn die Zeche für diese kostspieligen politischen „Erfolge“ werden wir schließlich alle bezahlen müssen. Nur die politisch Verantwortlichen werden sich wieder mal retten oder abtauchen. Es ist ein Trauerspiel.

TOBIAS RETTICH, Regensburg

Endlich in den Wirtschaftshimmel

■ betr.: „Viele Ziele, vage Zahlen“, taz vom 17. 12. 09

Durch die Klimakatastrophe ist der Gipfel der Bildung abgebrochen. Die Teilnehmer flogen in die Sonderschulschluchten, wo sie verzweifelt versuchten sich aus den Köpfen der Sonderschüler eine Trittleiter zu bauen, um wieder nach oben zu kommen. Nachdem sie die Sonderschüler plattgetreten hatten, retteten sie auf der Plattform eine marode Bank aus der Portokasse des gesteuerten Zahlers, um endlich in den Wirtschaftshimmel zu gelangen. Dort erwartete sie schon sehnsüchtig „Lobby“, das kleine Teufelchen, und sie brauchten nur noch das Gesetz zu unterschreiben, das eine mindeste Belohnung verhindert. Der Engel Pandemia trompetete die „Ochsenviren“ auf das Volk, und der Wirtschaftshimmel feierte goldene Bonusweihnachten auf der Bank. MONIKA SALZMANN, Köln

Kultautos und Rüstung

■ betr.: „verboten“, taz vom 19. 12. 09

Beruhigend zu wissen, dass „verboten“ hinter die Kulissen blickt, den Schleier des Oberflächlichen lüftet und die ganze Wahrheit kompromisslos ans Licht zerrt: Es kann nicht durchgehen, dass ein Hersteller eines Kultautos ein gutes Image pflegt, die Öffentlichkeit aber nicht über dessen Tätigkeit in der Rüstung, ja auch in der militärischen Luftfahrt, ach was, sogar der militärischen Luft- und Raumfahrt informiert ist. Gute Kunden müssen gute Autos bei guten Konzernen kaufen können! Daher starte „verboten“ jetzt umgehend eine Kampagne: Enteignet Daimler! HEINER ZOK, Schiffdorf

Das Ende des billigen Öls

■ betr.: „Die Angst vor dem Absturz wächst“, taz vom 5. 12. 09

Schon 2007 hat der Historiker Rolf Peter Sieferle in einem Interview die These vertreten, dass demokratische Gesellschaften sich stets dort etabliert haben, wo es etwas zu verteilen gab. Er wagte den umgekehrten Schluss, dass diese Gesellschaften erodieren, wenn es eben nichts mehr zu verteilen gibt. Offenbar passiert jetzt genau das. Wir stehen am Anfang einer für unsere Erfahrungen völlig neuen Entwicklung: dem Ende des billigen Öls. Politiker aller Parteien hoffen auf Atomkraft oder erneuerbare Energien. Aber selbst die, die das Letztere vertreten, trauen sich nicht zu thematisieren, dass 100 % erneuerbare Energien erst einmal heißt, 50 % des jetzigen Verbrauchs einzusparen. Es wird dringend Zeit, dass auch sie öffentlich sagen, dass die Krise(n) naturgesetzliche Ursachen haben (Stichwort Peak Oil) und eben nicht die Schuld von irgendwem sind. Eine Vorbereitung auf das postfossile Zeitalter könnte „vielleicht“ gegen Schuldzuweisungen impfen. MANUEL HAUS, Tübingen