Cloud Computing: Wenn die Wolke abschmiert

Der Trend in der IT-Branche ist das Cloud Computing. Web-Firmen versprechen dabei, Anwendungen von überall über das Netz verfügbar zu machen. Doch der Datenschutz kommt zu kurz.

Computer und das Internet werden immer wichtiger. Bild: ap

Eigentlich dauerte der Ausfall gar nicht mal so lange: Nur rund eine Stunde und 40 Minuten konnten Nutzer des Google-Webmail-Dienstes am Dienstag nicht auf ihre Nachrichten zugreifen. So genannte "Request Router" - Rechentechnik, die die Anfragen auf die Benutzerschnittstelle des kostenlosen Angebots verteilt - waren überlastet, so dass die User erst gar nicht bis zur Web-Oberfläche mit ihrem elektronischen Posteingang vordrangen. Einzig wer seine Nachrichten mit einer eigenen Mail-Software auf dem Desktop-PC abfragte, war nicht von der digitalen Außenwelt abgeschnitten; das Browser-Fenster blieb dagegen gähnend leer.

Auf Twitter brach während des Ausfalls ein Sturm der Entrüstung los. Unter dem Hashtag "#gonegoogle", das sonst für Werbebotschaften rund um die angeblich doch so praktischen Online-Dienste des Internet-Riesen genutzt wird, klagten die Nutzer ihr Leid. "Ich kann nicht arbeiten", schrieb da einer. Und ein anderer, etwas ironisch: "Ich bin ja deshalb zu Google gegangen, weil ich es hasse, meine Mails abzufragen." Nachdem die Probleme gelöst waren, vermeldete Ben Treynor, seines Zeichens Technik-Vizepräsident und offizieller "Angebots-Zuverlässigkeitszar" bei Google, im offiziellen Weblog der Firma ziemlich kleinlaut, man behandele den Ausfall "als große Sache". "Nun beschäftigen wir uns damit, sicherzustellen, dass so etwas nicht wieder vorkommen kann."

Der Ausfall von Google Mail ist nur ein Beispiel dafür, was passieren kann, wenn immer mehr Informationen in die Datenwolke verlagert werden. Gleich Gigabyte-weise verlagern immer mehr Menschen Mails, Tabellen, Präsentationen, Texte, Terminkalender, Fotos, Videos oder Sprachnachrichten ins Netz. Hatten Nutzer einst all ihre Dokumente und Nachrichten vor allem auf dem lokalen PC gespeichert, den sie selbst kontrollierten, geht der Trend in den vergangenen Jahren massiv zur Auslagerung. Das Prinzip nennt sich "Cloud Computing" - Server in der Wolke, die das uns alle umgebende Internet inzwischen darstellt.

Die Idee klingt ja auch zunächst sehr praktisch: Sind die Daten erst einmal im Netz und dort auch zu bearbeiten, reicht im Zweifelsfall ein einfacher Computer mit Netzzugang und Web-Browser, um sich nach dem Einloggen mit all seinen Daten wie zuhause zu fühlen. Es könnte gut möglich sein, dass die Vorhaltung der eigenen Daten auf dem eigenen Rechner in wenigen Jahren sogar zum Luxus wird: Der Trend geht aktuell zu kostengünstigen Netbooks, die sich besonders gut für Cloud-Anwendungen eignen und standardmäßig mit nur wenig Speicher kommen.

Der Nutzer begibt sich damit zunehmend in die Hand von Dienstleistern, deren Infrastruktur er zunächst nicht überschauen kann. Zuverlässigkeit ist ein Thema, wie man bei Google Mail sehen kann - ein anderes die Datensicherheit. Ist wirklich klar, dass der nicht selten kostenlose Anbieter regelmäßig Sicherungskopien anfertigt? Und falls ja, können Nutzer auf sie zugreifen? Auch kann ein Web-Dienstleister ja schnell pleite gehen. Wie kommt man dann im Notfall an seine gespeicherten Informationen?

Mögliche Probleme drohen nicht nur Einzelnutzern, sondern auch Firmen. Was passieren kann, wenn nahezu alle Unternehmensinfos schlecht geschützt im Web liegen, zeigte in diesem Sommer ausgerechnet der Web 2.0-Vorreiter Twitter. Über den Google-Account eines Teammitglieds hatte ein findiger Eindringling Schritt für Schritt weitere Zugänge erobert. Zum Schluss lagen ihm Hunderte Dokumente vor, darunter auch welche zur Firmenstrategie der nächsten Monate, sowie sogar Amazon-Zugänge der Familie eines der Gründer. Twitter hatte unter anderem die wichtige Bürokommunikation zu Google ausgelagert.

Neben der Gefahr derartiger Übernahmen von Accounts entsteht Netzbürgerrechtlern zufolge auch noch ein anderer Problemkomplex: Behörden und Geheimdienste interessieren sich zunehmend für die Informationen, die über Verdächtige im Netz liegen. An die gelangen Ermittler im Zweifelsfall leichter; so gilt richterlich beispielsweise als umstritten, in wie fern E-Mails im Postkasten des Providers besonders geschützte Kommunikation sind.

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