Krieg gegen Pakistans Taliban: Neue Henker im Swat-Tal

Fast täglich werden im Swat-Tal Leichen gefunden. Von Bewohnern getötete Taliban, sagen die Behörden. Von Sicherheitskräften exekutierte Islamisten, vermuten Menschenrechtler.

Die pakistanische Armee hat im Swat-Tal viel zu tun. Bild: reuters

DELHI taz | Jahrelang lebten die Menschen im Swat-Tal nordöstlich der Hauptstadt Islamabad in Todesangst. Fast täglich töteten Anhänger einer Taliban-Miliz, die dort seit 2003 für einen Gottesstaat kämpfte, Beamte, Sicherheitskräfte und Kritiker. Sie warfen ihre Opfer häufig auf den zentralen Platz von Mingora, der größten Stadt im Tal.

Jetzt liegen wieder beinahe jeden Tag Tote auf den Straßen und Plätzen Mingoras. Mindestens 41 Getötete wurden am Dienstag innerhalb von 24 Stunden im Swat-Tal gefunden. Jetzt sind die Toten mutmaßliche Taliban.

Sechs von ihnen seien enthauptet, die anderen durch Schüsse getötet worden, berichtete der TV-Sender Dawn News. "Beinahe alle waren Militante", sagte ein hochrangiger Beamter dem Sender. "Meinen Informationen zufolge wurden sie von Anwohnern umgebracht." 251 Taliban-Kämpfer seien seit Juli von Anwohnern getötet worden. "Die Leute haben sich an den Anblick toter Körper gewöhnt", sagte Sakhawat Ali, ein Anwohner. Es sei "Routine" geworden.

Die Regierung und Armeesprecher erklären immer wieder, Sicherheitskräfte hätten mit den Tötungen nichts zu tun. Anwohner übten Rache für die jahrelange Terrorherrschaft, der sie ausgesetzt waren. Tatsächlich ist Vergeltung ein Grundprinzip der Paschtunen, die vorwiegend im Swat-Tal leben.

Auch haben die Menschen die militanten Kämpfer des radikalen Klerikers Maulana Fazlullah wegen ihrer brutalen Gräueltaten zuletzt gehasst. Die meisten Bewohner des Swat-Tals hatten daher die Armeeoffensive unterstützt, die im April begann und der Vorherrschaft der Taliban in der Region ein Ende setzen sollte.

Doch es gibt Grund, an der Darstellung zu zweifeln, dass alle Toten Opfer von Racheakten der Bevölkerung sind. Pakistans unabhängige Menschenrechtskommission geht davon aus, dass die Armee versucht, durch gezielte Tötungen mutmaßlicher Taliban ein Wiederaufflammen des Aufstandes zu verhindern. Es gebe "glaubwürdige Berichte" über "außergerichtliche Tötungen und Repressalien durch Sicherheitskräfte". Das solle eine Untersuchung klären.

Anwohner sagten Dawn News, die Toten tauchten verstärkt auf, wenn es einen Anschlag auf Polizisten oder Soldaten gegeben habe. Erst am Sonntag hatte ein Selbstmordattentäter 14 Polizeirekruten in Mingora getötet. Die hohe Zahl der nun gefundenen Toten spricht dafür, dass es einen Zusammenhang gibt. Auch die Art, wie die vermeintlichen Taliban-Kämpfer häufig getötet werden, spricht für Exekutionen.

Vergangene Woche wurden in Mingora die Körper von 22 Männern gefunden. Augenzeugen berichten, die Männer seien gefesselt, ihre Augen verbunden gewesen. "Wir fordern eine eingehende Untersuchung, um herauszubekommen, wer sie getötet hat", sagte der Generalsekretär von Pakistans Menschenrechtskommission, I. A. Rehman. "Waren es Militante, Unschuldige oder Passanten?" Die Regierung habe auf die Forderung bisher nicht reagiert.

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