Venezuela wertet ab

GELDPOLITIK Ein billigerer Bolívar soll Caracas helfen, die inländische Verschuldung schneller abzubauen

CARACAS/BERLIN afp/rtr/taz | Einen Tag nachdem der venezolanische Finanzminister Jorge Giordani und Zentralbankpräsident Nelson Merentes bekannt gegeben hatten, die Landeswährung Bolívar abzuwerten, drängten die Menschen in Caracas am Samstag auf die Märkte. Sie kauften Importprodukte wie Fernseher, buchten Reisen – und schimpften über die Geldpolitik, die die Produkte verteuere.

Die Abwertung tritt am Mittwoch in Kraft. Dann müssen für 1 US-Dollar offiziell statt 4,30 schon 6,30 Bolívar hingelegt werden. Ausnahmen gibt es zunächst für Lebensmittel sowie die Bereiche Medien, Telekommunikation und Wissenschaft. Hier soll der Wechselkurs noch „einige Monate“ der alte bleiben.

16 Prozent Defizit

Zugleich stellt die Regierung ein Transaktionssystem wieder ein, das Unternehmen und Privatleute seit 2010 einen leichteren Zugang zu Devisen verschaffen sollte – zu ineffizient, hieß es. Tatsächlich sind Dollar derzeit vor allem auf halblegalen parallelen Märkten zu bekommen, wo der Wechselkurs viermal so hoch ist wie der offizielle. Laut Giordano soll eine neue Behörde „das Währungssystem optimieren“.

Die Regierung will mit der Maßnahme den inländischen Schuldenabbau voranbringen, also die Staatsfinanzen sanieren. Nachdem die Ausgaben im vergangenen Jahr in die Höhe geschossen waren, liegt das Defizit derzeit bereits bei 16 Prozent. Der Plan ist ganz einfach: Einen wichtigen Teil der Einnahmen machen die Gewinne der staatlichen Ölgesellschaft PDVSA aus. Diese verkauft ihr Öl auf dem Weltmarkt in Dollar – die nach der Wechselkursanpassung in Bolívar mehr wert sind als vorher, sodass die Regierung Schulden, die sie in der Landeswährung hat, leichter abbauen kann. Analysten hatten die Abwertung deshalb erwartet, die Regierung hatte entsprechende Pläne jedoch bis zuletzt geleugnet.

Die Anpassung soll Präsident Hugo Chávez selbst entschieden haben, der sich seit 60 Tagen auf Kuba befindet, um sich von einer Krebsoperation zu erholen. Sie ist die fünfte seit Einführung der Devisenkontrollen im Jahr 2033 und die erste seit 2010.

Während Finanzminister Giordani von „wichtigen Schritten zur Stabilisierung der Wirtschaft“ sprach, befürchten Opposition und weite Teile der Bevölkerung vor allem, dass die Abwertung die Preise nicht nur kurzfristig steigen lässt, sondern auch die Inflation weiter anheizt. 2012 lag die Preissteigerungsrate in Venezuela bei 22,2 Prozent.