Miese deutsche Geburtenquote: Von der Leyen kämpft um jedes Baby

Familienministerin von der Leyen widerspricht Eurostat: Die Zahl der Geburten in Deutschland sei nicht gesunken, sondern in etwa gleich geblieben, die Brüsseler Zahlen seien veraltet

Ein paar Neugeborene obendrauf, und schon sieht von der Leyen "Grund zur Zuversicht". Bild: dpa

BERLIN taz Beim Thema Geburtenquote ist Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) etwas empfindlich. Kaum hatte die Brüsseler Eurostat-Behörde gesunkene Geburtenzahlen für Deutschland vermeldet, folgte ein Dementi aus dem Familienministerium: Stimmt nicht, die Zahlen sind veraltet.

Brüssel hatte am Montag verkündet, in der gesamten EU seien mehr Kinder geboren worden - mit Ausnahme der Bundesrepublik. Hierzulande sei die Zahl der Neugeborenen pro tausend Einwohner von 8,3 (2007) auf 8,2 (2008) gefallen. Im Jahr 2000 lag diese Quote sogar noch bei 9,3, was eine abfallende Linie ergibt.

Unschön ist diese aus Sicht der Familienministerin. Ursula von der Leyen konnte ihre konservativen KollegInnen von den sozialdemokratischen Instrumenten Elterngeld und Kita-Ausbau nur überzeugen, weil denen ein genuin konservatives Horrorszenario im Nacken saß: "Die Deutschen sterben aus" - und das darf natürlich nicht sein.

Schön für von der Leyen wäre es nun kurz vor der Wahl gewesen, wenn sich Dank ihres Elterngeldes schon eine kleine Wende in den Geburtenzahlen zeigen würde. Im Februar hatte das Statistische Bundesamt tatsächlich auf ein Plus spekuliert. Von der Leyen hatte diese vorläufigen Zahlen flugs als "Grund zur Zuversicht" verkauft. Aber die weitere Datensammlung zeigte, dass die Freude verfrüht war. Im April hieß es, die Rate sei sogar gesunken und nicht gestiegen. Schlechte Presse für die voreilige Ministerin folgte.

Grund für die unterschiedlichen Zahlen ist, dass Eltern ihre Kinder nicht immer sofort beim Standesamt anmelden. Die Ämter wiederum geben die Daten erst nach und nach an die Statistiker weiter, wo sie weiter bearbeitet und bereinigt werden. Die endgültige Zahl für 2008 wird erst im Herbst dieses Jahres erwartet.

Eurostat hatte nur die relativ schlechten April-Zahlen zur Verfügung. Das Statistische Bundesamt dagegen hat neuere Daten, die eine gleichbleibende Rate ausweisen: Nicht 675.000 Kinder wurden 2008 geboren, wie Eurostat noch meint, sondern 682.524, was gegenüber 2007 eine gleichbleibende Rate von 8,3 Kindern ergibt.

Ist nun also überhaupt keine Bewegung zu vermelden? Die Familienministerin gänzlich ohne gute Nachrichten? Nein. Vielmehr ist die auf den ersten Blick wenig spektakuläre Zahl eigentlich bemerkenswert: Denn die Zahl der Frauen, die Kinder bekommen können, sinkt auch seit Jahren. Seit 2005 ist diese Gruppe um eine halbe Million geschrumpft. Diese weniger gewordenen Frauen haben also dennoch relativ viele Kinder bekommen. Diese Geburtenrate der Kinder pro "gebärfähiger" Frau könnte also, wie schon im vergangenen Jahr, gestiegen sein. Allerdings ist sie für 2008 noch nicht genau errechnet. Ist sie da, könnte zumindest die Welt der Familienministerin am Ende doch wieder in Ordnung sein. Vorausgesetzt, sie kann die hunderste Veränderung dieser hochpolitischen Zahl noch vermitteln.

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