Freie Wähler in Schleswig-Holstein: Frei, schnell und uneinig

Lokal sind sie schon eine Macht, nun treten die Freien Wähler in Schleswig-Holstein erstmals bei einer Landtagswahl an - und sind optimistisch, den Einzug zu schaffen.

Die Gründung der Freien Wähler 2008: Wird sich schon zurechtmendeln, sagt deren Sprecher. Bild: dpa

Sie seien "die schnellste Partei im Norden", verkünden die Freien Wähler in Schleswig-Holstein stolz auf ihrer Internetseite. "Da war etwas Glück dabei", bekennt Vito von Eichborn. Der ehemalige Besitzer des Eichborn-Verlages ist Pressesprecher der Partei der Freien Wähler. "Wir hatten ohnehin ein Treffen geplant, das haben wir umfunktioniert und den Wahlkampf eingeleitet." Damit waren die Freien, die erstmals landesweit antreten, tatsächlich schneller als manch große Partei. Mit denen wollen sie ab Herbst im Landtag sitzen: Sowohl von Eichborn als auch der Parteivorsitzende Malte Tech gehen davon aus, dass die Freien Wähler den Einzug in den Landtag schaffen können.

Auf lokaler Ebene sind die Wählergruppen in Schleswig-Holstein schon lange eine Macht: In vielen Gemeinden treten gar keine Parteien mehr an, nur lokale Gruppen. Bei der Kommunalwahl 2008 erreichten sie im Landesschnitt gut fünf Prozent, in Flensburg wurden sie mit 22 Prozent die größte Fraktion. Im Herbst 2008 gründeten sich ein Landesverband und die Partei. 1.284 Gruppen gibt es landesweit, sagt Tech: "Wir haben kein Problem, unsere Landeslisten zu füllen, auch an der Qualität der Kandidaten habe ich keine Zweifel."

Dabei sind längst nicht alle Freien Wähler für die Teilnahme am Landeswahlkampf: "In meiner Gruppe hält es die Hälfte für blöd", sagt von Eichborn. "Ich selbst finde einen Arm in Kiel hilfreich. Wir haben eben viele Positionen, das wird sich zurechtmendeln."

Zurechtmendeln müssen sich auch die Antworten auf die aktuellen Fragen der Landespolitik: Kreisreform? "Da bin ich überfragt. Im Zweifel sollte man eine Bürgerbefragung machen", sagt von Eichborn. Malte Tech sagt: "Kreisreform lehnen wir ab. Wenige große Kreise bringen weitere Wege für die Bürger und sind nicht günstiger." Haushalt sanieren? "Stellen streichen will ich nicht sagen, aber einige könnte man auslaufen lassen", sagt Tech. "Das Gutachter-Unwesen müsste aufhören. Man könnte viele kleine Schritte gehen, aber dazu brauchen wir erst Einblick in die Abläufe." Atomkraft? "Darüber wird in Berlin entschieden, dazu brauchen wir keine Meinung haben", glaubt von Eichborn. Tech sagt: "So einen unsicheren Meiler wie Krümmel sollte man sofort zumachen." Einig sind sich beide bei der CO2-Speicherung im Untergrund: "Das ist gefährlich und völliger Schwachsinn."

Tech bemüht sich oft, Beispiele aus seinem Heimatdorf heranzuziehen."Hier bei uns in Eutin", sagt er dann. Und wenn es da klappt mit einer Lösung, mag das im Land ebenso gehen. Denn die Gemeinde ist "die demokratische Idealform", heißt es in den Grundsätzen der Freien Wähler. "Politik von unten nach oben" wollen sie machen. Wichtig sind Transparenz, Rückkopplung zum Wahlvolk und zur Basis: Vor Entscheidungen könnte ein Stimmungsbild erhoben werden, schlägt von Eichborn vor.

Tech träumt von einer neuen Finanzierung der Gemeinden, einer Art Bürgergeld für Dörfer: Jeder Ort sollte einen Batzen Euros erhalten und damit allein wirtschaften - etwa Polizisten und Lehrer anstellen, die Verwaltung regeln. Kreis und Land wären damit praktisch überflüssig. Er bezeichnet die Partei als "Alternative" zu den etablierten Kräften, politisch sieht er die Freien in der Mitte des Spektrums. Sollte sie wirklich Abgeordnete in den Landtag entsenden, könnten sie zu möglichen Königsmachern werden. Carstensen oder Stegner? "Der Lächler oder der Rambo?", fragt von Eichborn zurück. "Ich halte beide für Flaschen." Malte Tech sagt: "Mich interessieren Personen nicht." Wenn es in Sachfragen Überschneidungen gebe, sei das gut, Mitregieren aber nicht das Ziel: "Am besten wären eine Minderheitsregierung und wechselnde Mehrheiten im Parlament".

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