Kommentar Frankreichs Armee: Die Armee als Brandstifter

Frankreichs Armee übt sich in Dummheit. Sie schießt im Hochsommer vor den Toren Marseilles mit Leuchtmunition und entfacht einen Großbrand. Mehr als einen Sündenbock wird es nicht geben.

Schießübungen mit Leuchtkugeln. Unweit von Marseille. Im Hochsommer. In knochentrockenem Gelände. Bei starkem Wind. Und während die höchste Waldbrandalarmstufe herrscht.

So viele Fehlleistungen auf einmal sind kein "professioneller Fehler", wie jetzt der französische Regierungschef und die Spitzen der Armee sagen, sondern eine besonders hoch konzentrierte Form von Dummheit.

Die Tatsache, dass sechs Soldaten den gefährlichen Befehl ihres Unteroffiziers befolgt haben, ohne dagegenzuhalten, macht die Sache noch schimmer. Dass bei dem Brand am Stadtrand von Marseille "nur" 1.100 Hektar Heideland und Pinienwald sowie Häuser zerstört wurden, aber keine Personen zu Schaden kamen, ist ein Wunder.

Der Brand war der größte in der Region seit Jahren. Und wegen der Nähe zu Marseille zugleich einer der gefährlichsten. Der befehlshabende Unteroffizier, der gerade von einer Mission in Afghanistan zurückgekommen war, wird büßen müssen. Seine militärischen Vorgesetzten brauchen einen Sündenbock, den sie der Bevölkerung vorweisen können.

Tatsächlich verbirgt sich mehr als individuelles Versagen hinter der Brandkatastrophe. Schon im vergangenen Sommer ging von einem benachbarten Militärlager im französischen Süden ebenfalls ein Waldbrand aus. Daraus wurden keine Konsequenzen gezogen.

Die Armee in Frankreich funktioniert nach anderen Regeln als der Rest des Landes. Die Zivilisten werden vor dem Rauchen im Wald gewarnt. Die anderen glauben, dass sie dort mit Leuchtmunition ballern dürfen. Das ist die andere Seite der Medaille in einem Land, das stolz genug auf seine Armee ist, um sie alljährlich am Nationalfeiertag samt Gewehren, Panzern und Kanonen und bis zum Aufreißen des Asphalts über ihre schönste Avenue defilieren zu lassen.

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