Kommentar Atommüll-Endlager: Eine Million Jahre

Union, FDP und die Energiekonzerne benehmen sich wie Eltern, die ihre Kinder in vermüllten Wohnungen vor sich hin vegetieren lassen.

Wie sich die Szenen gleichen: Nach der Bundestagswahl schreiben sich die roten, schwarzen, grünen oder gelben Koalitionäre in ihren Regierungsvertrag, "in dieser Legislatur werden wir ein Endlager für hochradioaktiven Müll auf den Weg bringen". Vier Jahre vergehen. Und kurz vor Toresschluss wird schließlich ein Plan zur Suche nach einem Endlager vorgestellt.

Das war bei Umweltminister Jürgen Trittin so. Er legte im Juni 2005 sein Gesetz zur Endlagersuche vor - wohlwissend, dass es nicht mehr in den Bundestag eingebracht werden konnte. Sein Nachfolger Sigmar Gabriel macht es genau so. Er stellt neue Sicherheitskriterien für ein Lager vor - wohlwissend, dass die kommende Regierung diese wieder rückgängig machen kann. Tatsächlich ist die Suche auf dem Stand von vor zehn Jahren.

Interessant sind Gabriels Sicherheitskriterien dennoch. Danach müssen die Antragsteller eines solchen Lagers nachweisen, dass der Atommüll eine Million Jahre sicher verwahrt werden kann. Um einen Vergleich zu bemühen: Vor einer Million Jahre entdeckte der Homo erectus - die ersten aufrecht laufenden Menschenaffen - die Nutzung des Feuers. An Menschen war noch nicht zu denken, geschweige denn an solche, die die Laufzeiten der Atomkraftwerke verlängern wollen.

Seit 40 Jahren wird gebetsmühlenartig behauptet, die Sache mit dem Müll sei theoretisch gelöst. Praktisch aber weiß niemand auf der Welt wohin mit dem Strahlenabfall. Union, FDP und die Energiekonzerne benehmen sich wie Eltern, die ihre Kinder in vermüllten Wohnungen vor sich hin vegetieren lassen. Was sich die Politik für solche Fälle ausgedacht hat, muss auch für Atomkraftwerke gelten: unter staatliche Obhut stellen, abschalten und zwar sofort. Über Laufzeitverlängerungen wird erst wieder geredet, wenn die Atomstromfans zu Hause aufgeräumt haben.

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Seit 1998 bei der taz (mit Unterbrechungen), zunächst als Korrespondent in Dresden, dann als Wirtschaftsredakteur mit Schwerpunkt Energie, Klima und Landwirtschaft, heute Autor im Zukunftsressort.

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