Union will den Bruch in Kiel erzwingen: Tricksen zur Neuwahl

Die Auflösung des Parlaments wird scheitern. Schleswig-Holsteins CDU setzt auf einen Misstrauensantrag gegen den eigenen Mann. Schließlich rangiert die SPD auf einem Rekordtief.

Im Zentrum der Aufmerksamkeit: Carstensen im Kieler Landtag am Donnerstagvormittag. Bild: ap

KIEL taz | Kurz und schmerzlos, als sei es ein Antrag unter vielen, stimmte der schleswig-holsteinische Landtag heute Vormittag darüber ab, bereits am Freitag über seine Selbstauflösung zu beraten. Das Ergebnis fiel einstimmig aus, dann ging es weiter in der Tagesordnung.

Die Große Koalition in Schleswig-Holstein steht vor dem Ende, aber sie zerbricht in Raten: Für den Antrag zur Selbstauflösung wird vermutlich nicht die nötige Zweidrittel-Mehrheit zusammenkommen – die SPD-Fraktion werde dagegen stimmen, erklärte ihr Vorsitzender Ralf Stegner heute.

Daher folgen nach jetziger Planung in der kommenden Woche mehrere Sondersitzungen des Landtages, in denen der CDU-Ministerpräsident Peter Harry Carstensen die Vertrauensfrage stellen will.

Und die dürfte dann wie gewünscht scheitern, da sich seine eigene Fraktion wie auch die FDP enthalten wollen. Die SPD und die Grünen aber werden vermutlich gegen den Ministerpräsidenten stimmen. Damit wäre der Weg frei für das Ende der Großen Koalition in Schleswig-Holstein und für Neuwahlen am 27. September, parallel zur Entscheidung über den Bundestag. Regulärer Wahltermin in Schleswig-Holstein wäre am 10. Mai 2010 gewesen.

Zwei Männer ohne Vertrauen

Der jetzige Bruch der Koalition hat sich seit längerem angedeutet: Im Zweckbündnis aus CDU und SPD kriselte es in den vergangenen Jahren häufig. Neben Streit um jeweilige Sachfragen ging es immer wieder um das gespannte Verhältnis der Protagonisten Carstensen und Stegner. Mehrfach gelang es nur knapp, die Brüche zu kitten. Zuletzt drohte das Ende der Koalition im Juni, und bereits im April hatte Carstensen der SPD ein vorzeitiges Ende der Koalition angeboten.

Die aktuelle Krise entzündete sich am Streit um Bonus-Zahlungen von 2,9 Millionen Euro an den Vorstand der maroden HSH Nordbank, Jens Dirk Nonnenmacher. Als bekannt wurde, dass der Bankchef trotz Milliarden-Zuschuss aus den Haushalten der beteiligten Länder Hamburg und Schleswig-Holstein den Bonus erhalten sollte, erklärte Stegner, die SPD und er persönlich hätten dem nie zugestimmt.

Carstensen sieht das anders und verlangt, dass die SPD zu ihrer Mitverantwortung stehe. Er stellte Stegner daraufhin ein briefliches Ultimatum: „Ich bitte kurzfristig um Klärung der Frage, ob Sie in dieser Form die letzten Monate in einer von unseren beiden Parteien getragenen Regierung weiter arbeiten wollen. Ich bin nicht bereit, dies länger zu akzeptieren.“ Gestern Abend verkündete die CDU dann, den Antrag auf Auflösung des Landtages stellen zu wollen.

Stegner warf der CDU vor, den Bruch der Koalition nur aus wahltaktischen Gründen zu verlangen: „Der jetzige Antrag hat keine Wahrhaftigkeit“, sagte er heute Mittag vor Journalisten im Landtag. „Wir tun unsere Arbeit. Andere spekulieren über günstige Wahltermine und feiern bereits Siegesfeiern.“

Die Umfragewerte der Sozialdemokraten in Schleswig-Holstein sind zur Zeit auf einem historischen Tiefs. Eine schwarz-gelbe Koalition im Landtag erscheint daher als wahrscheinlichster Ausgang einer raschen Neuwahl. Die SPD hatte am Wahltermin im Mai 2010 festhalten wollen, da sie sich – nach einem möglichen schwarz-gelben Sieg auf der Bundesebene – dann bessere Chancen ausrechnet.

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