Knappe Parlamentsentscheidung erwartet: Island stimmt über EU-Beitritt ab

Heute entscheidet das Parlament in Island über einen Beitrittsantrag zur Europäischen Union. Ein Referendum im Jahre 2011 soll den Prozess abschließen.

Beim Fischfang müsste die EU den Isländern eine Extrawurst einräumen, damit der EU-Beitritt auch wirklich stattfindet. Bild: rtr

Schon am 27. Juli beim Treffen der Außenminister in Brüssel möchte die isländische Regierung ihren Antrag vorlegen, der EU beizutreten. Die erforderliche parlamentarische Zustimmung hierfür will die rot-rot-grüne Regierung von Ministerpräsidentin Jóhanna Sigurdardóttir am heutigen Dienstag erreichen, nach einer mehrtägigen Debatte. Vorab sah es nach einer knappen Mehrheit aus.

Einige links-grüne Koalitionsabgeordnete haben jedoch angekündigt, zusammen mit Teilen der Opposition für einen Alternativvorschlag stimmen zu wollen. Laut diesem Antrag sollen die IsländerInnen in einem Referendum befragt werden, ob überhaupt ein Beitrittsantrag gestellt werden soll. Ihr Argument: Allein schon die Aufnahme von Verhandlungen erhöhe die Schuldenlast der IsländerInnen. Voraussetzung für solche Verhandlungen ist nämlich eine Einigung mit Großbritannien und den Niederlanden über eine Entschädigung der KundInnen der pleite gegangenen Icesave-Internetbank. Das könnte die SteuerzahlerInnen teuer zu stehen kommen. Deshalb solle am Anfang und Ende des Beitrittsprozesses das Volk das Sagen haben.

Ein solches Verfahren lehnte die sozialdemokratische Regierungsmehrheit wegen der damit verbundenen zeitlichen Verzögerung ab. Sie möchte das Beitrittsgesuch während der schwedischen EU-Ratspräsidentschaft einreichen. Stockholm soll dem nordischen Nachbarn nämlich versprochen haben, die Weichen für schnelle Verhandlungen zu stellen. Einigkeit besteht im Parlament darüber, dass es ein Referendum am Ende des Beitrittsverfahrens geben soll. EU-Erweiterungskommissar Olli Rehn hat bereits angekündigt, die Beitrittsverhandlungen könnten schnell über die Bühne gehen. Island sei eine "alte, etablierte Demokratie, die die EU-Kriterien erfüllt".

Noch im Jahre 2011 möchte die Regierung das Referendum abhalten, um einen EU-Beitritt zum 1. 1. 2012 möglich zu machen. Drei Jahre später will man der europäischen Währungsunion beitreten und den Euro einführen. Ein ehrgeiziger Zeitplan angesichts der ökonomischen Krise, in die Island infolge des finanziellen Zusammenbruchs seiner mittlerweile verstaatlichten Banken gerutscht ist. Doch die Maastricht-Kriterien dürfte das Land aufgrund eines hohen Staatsdefizits und einer zweistelligen Inflationsrate auf Jahre hinaus verfehlen.

Als schwerste Brocken für die Verhandlungen gelten die Fischereirechte in den isländischen Hoheitsgewässern und die Landwirtschaft. Ohne die Genehmigung langfristiger Einfuhrbeschränkungen für bestimmte Agrarimporte würde Islands landwirtschaftliche Produktion in kurzer Zeit von der europäischen Konkurrenz überrollt werden.

Noch entscheidender für den Erfolg eines Referendums dürften aber die Verhandlungen über die Fischereirechte der IsländerInnen sein. Brüssel müsste hier Entgegenkommen zeigen und die Begehrlichkeiten der Flotten anderer Mitgliedsländer abwehren und Islands Fischern im Wesentlichen eine Beibehaltung ihrer bisherigen Fischfangquoten zugestehen. Noch immer ist der Fischfang das wichtigste Standbein der isländischen Wirtschaft.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.