Prozess: Herr G. beleidigt eine Anstalt

Weil er NDR und GEZ beschimpft haben soll, verhandelt das Amtsgericht Hamburg gegen einen Bremer Psychologen. Ob das sinnvoll ist, weiß das Gericht nicht

Ob maschinell oder persönlich: Die GEZ sieht alles Bild: dpa

Eine "deutsche Propaganda-Anstalt" hat Herr G. den NDR genannt und zwar in einem Brief an die GEZ, also die Gebühreneinzugszentrale. Die GEZ selbst sei von "raffgieriger Habsucht". Herr G. hat auch einen Brief an den NDR selbst geschrieben und festgestellt, dass sich die Mitarbeiter "in charakteristischer deutscher Feigheit hinter deutschen Institutionen" verschanzten. Nun hat ihn der NDR verklagt.

Man könnte denken, dass NDR und GEZ dringlichere Probleme hätten, als ihre Ehre gegen Herrn G. zu schützen. Man könnte annehmen, dass auch das Hamburger Amtsgericht Dringlicheres zu tun hat. Aber nun ist die Hauptverhandlung anberaumt, und das Gericht soll feststellen, ob G.s Äußerungen noch als freie Meinungsäußerung durchgehen - oder als Beleidigung. Dabei muss es jedoch ohne Herrn G. auskommen, der Widerspruch gegen den Strafbefehl eingelegt hat und deswegen nicht erscheinen muss. Dafür hat er einen Brief ans Gericht geschrieben, dessen Formulierungen nicht unbedingt für ihn einnehmen.

Herr G. ist 50 Jahre alt, Psychologe, und betreute bis vor kurzem Kinder, die das Jugendamt aus ihren Familien genommen hat. Aber dann kam ein Problem mit der Belegung auf, und nun weiß auch seine Anwältin nicht, wie Herr G. seinen Lebensunterhalt verdient. Dafür berichtet sie, dass Herr G. seit zehn Jahren in eine Auseinandersetzung mit der GEZ verstrickt ist, die seine Ummeldung verschlampte und deshalb einerseits ohne Erklärung Gebühren von ihm einzog und andererseits ihren Mitarbeiter Herrn M. mehrfach zu Kontrollen vorbeischickte. Nach einer solchen schrieb Herr G. seine Briefe. Dass die GEZ nach einem von Herrn G. angestrengten Gerichtsverfahren ihren Fehler erkannte, half da auch nichts mehr.

Seine Anwältin wirbt für eine Einstellung des Verfahrens - aber das scheitert an der Staatsanwältin, die das nur mit Billigung der Sachbearbeiterin des Falls abnicken will. Also widmet sich das Gericht folgenden Fragen: Können Institutionen wie NDR und GEZ überhaupt beleidigt werden - ja. Frage zwei: ist nicht eigentlich der Mitarbeiter der GEZ, Herr M., dem Herr G. in seinem Schreiben den Tod wünscht, der Beleidigte? - Nein, zumindest taucht er in dem Strafantrag des NDR nicht auf. Darf der NDR für die GEZ Strafantrag stellen? Das ist unklar - deswegen vertagt sich das Gericht.

Zuvor hat die Anwältin erklärt, dass Herr G. sich in Osterholz-Scharmbeck für das Gedenken an die jüdischen Opfer des Nationalsozialismus engagiere. Dass man ihn deswegen mehrfach bedroht und ihm ein Ermittlungsverfahren angehängt habe. Dass er schlicht Gehör habe finden wollen. Die Staatsanwältin findet das bedenkenswert. "Man kann Verfahren ja auch nach der Hauptverhandlung einstellen", sagt die Anwältin, und die Staatsanwältin nickt dazu.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.