Staatsstreich in Honduras: Putschregime international isoliert
Der abgesetzter Präsident Zelaya will am Donnerstag nach Tegucigalpa zurückkehren. Er kann mit der geschlossenen Unterstützung der internationalen Gemeinschaft rechnen.
MANAGUA taz | Manuel Zelaya will Donnerstag nach Honduras zurückkehren. Der am Sonntag von den Militärs abgesetzte und ins Exil verfrachtete Präsident des zentralamerikanischen Landes kann mit der geschlossenen Unterstützung der internationalen Gemeinschaft rechnen. Miguel Insulza, der Generalsekretär der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS), hat angeboten, Zelaya zu begleiten. Auch US-Präsident Barack Obama verurteilte den Putsch.
Venezuelas Staatschef Hugo Chávez drohte anlässlich einer Dringlichkeitssitzung des alternativen Wirtschaftsbündnisses ALBA in Managua mit militärischer Gewalt gegen das Putschregime, sollten Venezolaner bedroht werden. Die ALBA-Staaten beschlossen, ihre Botschafter aus Honduras abzuziehen und die zentralamerikanischen Regierungen verfügten eine Sperre des Gütertransports in das Nachbarland.
Der unblutige Staatsstreich in den frühen Morgenstunden des Sonntag war anfangs von der honduranischen Bevölkerung mit wenig Emotion registriert worden. Nur ein paar Anhänger des linkspopulistischen Präsidenten errichteten Barrikaden aus brennenden Reifen. Die meisten Menschen kannten nur die offizielle Version der Militärs, wonach Zelaya aus Gesundheitsgründen seinen Rücktritt erklärt habe. Kritische Sender wie das Jesuitenradio Progreso aber auch internationale TV-Kanäle wie BCC und CNN wurden blockiert.
Der Präsidentschaftskandidat der Demokratischen Union (UD), Guillermo Jiménez, der Gewerkschaftsführer Carlos H. Reyes, sowie fünf weitere Menschenrechtsaktivisten sollen verprügelt und verhaftet worden sein. Laut Vía Campesina International gibt es Haftbefehle gegen 30 führende AktivistInnen der Protestbewegung.
Montagvormittag zogen aber, ermutigt durch die einhellige internationale Verurteilung des Staatsstreichs, mehrere tausend Demonstranten durch die Hauptstadt Tegucigalpa vor den Präsidentenpalast, wo der bisherige Parlamentspräsident Roberto Micheletti als Übergangspräsident regiert. Es entbrannte eine zweistündige Straßenschlacht, die nach Angaben des Roten Kreuzes mindestens 50 Verletzte hinterließ.
Zelaya hatte die Krise durch ein gesetzlich nicht gedecktes Referendum ausgelöst, in dem er über die Einberufung einer Verfassunggebenden Versammlung abstimmen lassen wollte. In Honduras, wie in allen zentralamerikanischen Staaten, ist die direkte Wiederwahl nicht zulässig.
In Tegucigalpa setzt man derweil auf einen Meinungsumschwung. De-facto-Präsident Micheletti sieht sich als legitimen Staatschef. Die Abgeordnete der Liberalen Partei Marta Elena de Castro, die als stellvertretende Außenministerin vorgesehen ist, bezeichnete die internationalen Reaktionen als "schrecklich, aber logisch". Man müsse "klarmachen, dass wir aus humanitären Gründen gehandelt haben, weil Expräsident Zelaya die Menschen gegen das Gesetz aufwiegen wollte".
Leser*innenkommentare
Udo Henn
Gast
Die Ausgrenzung von Honduras durch die OAS halte ich nicht fuer gerechtfertigt. Zelaya wurde wegen wiederholter Missachtung der Verfassung von den Kongressageordneten einstimmig abgesetzt und durch Micheletti, der ein besserer Praesident zu werden verspricht, ersetzt. Die Bevoelkerung steht hinter Micheletti und auch die katholische Kirche ist auf seiner Seite.
Das ist doch alles in Ordnung und im uebrigen eine innere Angelegenheit von Honduras. Die OAS sollte lieber Laender wie Venezuela wegen Wahlbetrug von Chavez oder Ecuador wegen Unterstuetzung von Terroristen ausschliessen.
googy
Gast
Dies ist der Text des Artikel 239 der Verfassung "El ciudadano que haya desempeñado la titularidad del Poder Ejecutivo no podrá ser presidente o vicepresidente de la República. El que quebrante esta disposición o proponga su reforma, así como aquellos que lo apoyen directa o indirectamente, cesarán de inmediato en el desempeño de sus respectivos cargos y quedarán inhabilitados por diez (10) años para el ejercicio de toda función pública" übersetzt:
Der Bürger, der das oberste Amt der Exekutive (Staatspräsident)innehatte, darf nicht (wieder)
Präsident oder Vice-Präsident werden. Derjenige, der gegen diese Regelung verstösst oder ihre Reform (Änderung) vorschlägt, sowie diejenigen, die ihn dabei direkt oder indirekt unterstützen,
verlieren sofort alle Aämter, die sie innehaben und sind für 10 Jahre von der Ausübung jedes öffentlichen Amtes ausgeschlossen."
Dieser Artikel des hondurenischen Grundgesetzes
wurde sowohl vom obersten Gerichtshof, dem Kongress (Parlament), den Militärs, der Opposition und interessanterweise grossen Teilen der eigenen Partei Zelayas als unantastbar bezeichnet.
Hinzukam, dass das Wahlgesetz von Honduras Volksabstimmungen und Bürgerbefragungen 180 Tage vor und nach Wahlen ausdrücklich verbietet.
Zelayas Initiative ist keine Rechfertigung für einen Putsch, zeigt aber die klare Intention, diese Gesetze und damit die beiden anderen Staatsfunktionen (Legislative und Judikative)nicht respektieren zu wollen.
Zelaya hätte also sowohl vor einem halben Jahr als auch 6 Monate nach den geplanten Parlamentswahlen seine Volksabstimmung volkommen legal durchziehen können.
Die internationale Reaktion auf den Putsch ist berechtigt und gut, nur ist es mir vollkommen unbegreiflich, dass einige Kommentatoren offentsichtlich nicht die Absurdität des Handels von Venezuelas Präsident Chavez sehen. Dieser Ex-Oberst gelangte nur dadurch ins politische Rampenlicht, weil er 2002 gegen den in freien, demokratischen Wahlen ins Amt gelangten sozialdemokratischen Präsidenten Venezuelas Carlos A. Perez einen Militärputsch durchführte.
Michael Selsing
Gast
Es war kein Referendum geplant, sondern lediglich eine völlig unverbindliche Befragung.
An marti: von welchem Land redest Du? Vielleicht solltest Du Dich erst einmal informieren, bevor Du Quatsch erzählst.
Es ging niemals um eine Wiederwahl von Zelaya, sondern um eine Befragung (und keine Verfassung kann eine unverbidnliche Befragung verbieten) darüber, ob die Bevölkerung wünscht, dass eine Abstimmung darüber stattfindet, ob eine Verfassungsgebende Versammlung gewählt werden soll... harmloser geht's kaum
Manuel Aguayo
Gast
Um genau zu sein hat Zelaya nicht ein Referendum, sondern nur eine unverbindliche Volksbefragung durchführen lassen (wollen) um die Stimmung im Land zu einer verfassungsgebenden Versammlung zu testen.
Marti
Gast
Zelaya hätte einfach einen verfassungsmäßig sauberen Weg wählen sollen, wenn er findet, dass die Regelung, die dem Präsidenten nur einen Amtszeit zugesteht, nicht sinnvoll ist.
Wenn es dabei auch nicht um SEINE Macht, sondern einfach um einen bessere Regelung für zukünftige Präsidenten gegangen wäre, wäre die Sache auch bestimmt glaubwürdiger gewesen.
navajo joe
Gast
Bezeichnend: Eine FPD-nahe Stiftung findet offenbar solche Militärputsche demokratischer, als Volksabstimmungen, wie sie Zelaya vorhat.
No pasaran!