Eskalation im Niger: Opposition fordert Militärputsch

Seit Nigers Präsident Tandja sich selbst Notstandskompetenzen gibt, um ein Referendum über eine dritte Amtszeit durchzudrücken, eskalieren die Spannungen in dem Sahelstaat.

Präsident Tandja müsste laut Verfassung Ende 2009 gehen - genau dann, wenn die Rohstoffeinnahmen des Niger endlich sprudeln. Bild: reuters

BERLIN taz | In einem der ärmsten Länder der Welt stehen die Zeichen auf Sturm. Das zivile Oppositionsbündnis Front zur Verteidigung der Demokratie (FDD) aus Parteien und Gewerkschaften, das in den letzten Wochen mehrmals Massenproteste gegen Staatschef Mamadou Tandja organisiert hat, rief am Wochenende die Armee zur "Verweigerung des Gehorsams" auf und warf Tandja einen "Putsch" vor. Tandja hatte sich am Freitag selbst die Macht erteilt, in Zukunft per Dekret zu regieren. Sein Innenminister bestätigte am Sonntag außerdem den Termin des 4. August für eine Volksabstimmung über eine dritte gewählte Amtszeit des Präsidenten.

Niger hat in zehn Jahren Tandja-Herrschaft zu politischer Stabilität gefunden und hofft nun erstmals in seiner Geschichte dank steigender Uranförderung und anderer Großprojekte im Bergbau auf einen Wirtschaftsaufschwung. Die geltende Verfassung limitiert aber die Zahl der möglichen Amtszeiten des Staatschefs auf zweimal fünf Jahre, sodass Tandja Ende dieses Jahres gehen müsste, genau dann, wenn endlich die Rohstoffeinnahmen sprudeln. Im Mai behauptete Präsident Tandja, "das Volk" wolle, dass er bleibt, und kündigte ein Referendum über eine Verfassungsänderung an. Das Verfassungsgericht erklärte dies für unzulässig, weil die entsprechenden Verfassungsparagrafen nicht per Referendum geändert werden können. Der Präsident löste daraufhin das Parlament auf und kündigte ein Referendum für den 4. August sowie Neuwahlen zum Parlament am 20. August an. Dies interpretierten Kritiker als Plan, sich dann von der neuen Legislative ein neues Grundgesetz entwerfen zu lassen.

Tandjas Fernsehansprache am Freitagabend, in der er aufgrund der von ihm selbst verfügten Parlamentsauflösung ein "juristisches und institutionelles Vakuum" feststellte und daher die "Verpflichtung" für ihn bestehe, Sondervollmachten zu beanspruchen, ist von anderen Politikern als besonders zynisch zurückgewiesen worden. Tandja begründete seine Notstandsverordnung unter anderem mit der Notwendigkeit, Geberverhandlungen zu führen und die nächste Mekka-Pilgerreise für Nigers Gläubige zu organisieren.

Bereits zwei Tage zuvor hatte der 71-jährige Präsident sich unter anderem auf das Diskriminierungsverbot in Nigers Verfassung berufen, um die Obersten Richter dazu aufzufordern, ihre Annullierung seines Verfassungsreferendums als "nicht existent" zurückzunehmen. In Protest dagegen trat Tandjas wichtigster Partner in der Regierung, die Partei CDS-Rahama des einstigen Premierministers Mahamane Ousmane, aus dem Kabinett aus und verlangte in einer Erklärung einen "konstruktiven Dialog zwischen allen sozialen Schichten und politischen Akteuren, um die demokratischen Errungenschaften zu wahren".

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.