Angeschlagener Internet Explorer: Acht Mahlzeiten für einen Browser

Der Internet-Browser Firefox hat enorm Marktanteile gewonnen. Auch Apples und Googles Programme werden beliebter. Microsoft bewirbt seinen neuen Internet Explorer nun mit einem Trick.

Bild: Screenshot

BERLIN taz | "Einer von acht Amerikanern hat Probleme, genug Nahrung zu bekommen." Mit dieser schlichten wie herzzerreißenden Botschaft bewirbt Microsoft auf seiner Website "BrowserForTheBetter.com" seit Ende letzter Woche das Herunterladen seines neuen Internet Explorer 8 (IE). Mit jedem Download des Browsers, heißt es da, sponsore der Konzern jeweils acht Mahlzeiten bei der Armen-Hilfsorganisation "Feeding America". Das entspricht einem Dollar und 15 Cent; eine Million an Spendengeldern sollen so maximal fließen.

So lobenswert die Aktion im Hinblick auf die aktuelle Wirtschaftskrise, die in den USA die Arbeitslosenzahlen hat anschwellen lassen, auch sein mag - sie wirkt ein wenig desolat. Zwar hat Microsoft mit seinem Internet Explorer 8 technisch allerlei Probleme der unter Web-Programmierern enorm verhassten Vorgänger IE7 und IE6 gelöst und bietet damit inzwischen eine durchaus adäquate Surfunterlage für Windows. Viel mehr allerdings auch nicht: Die tatsächlichen Innovationen finden nach wie vor bei der Konkurrenz statt.

So eroberte sich der freie Browser Firefox bis heute einen Marktanteil von 22,5 Prozent - in einem Sektor, den Microsofts IE einst mit 95 Prozent und mehr beherrschte. Apples einst nur für den Mac verfügbarer Browser Safari wurde in der vergangenen Woche in nicht einmal drei Tagen 11 Millionen Mal heruntergeladen - auch in einer inzwischen breit verfügbaren Windows-Version. Und auch Google ist inzwischen in den "Browser-Krieg" ums Internet gezogen: Sein Chrome bietet technisch insbesondere für die immer beliebteren Web-Anwendungen eine moderne Basis und eroberte seit Freigabe im September 2008 immerhin 1,8 Prozent der Nutzerschaft und wächst weiter.

Neben der Spendenaktion bewirbt Microsoft IE8 mit zwei durchaus hübsch ironischen Werbespots. In "Fear of Missing Something" ("Die Angst davor, etwas zu verpassen"), darf der gealterte "Superman"-TV-Serienstar Dean Cain der Welt erklären, dass die neue Web-Software eine Funktion enthält, mit der stets aktualisierte Informationen in die Favoritenleiste einlaufen. Bei "Sharing Heavily Yet Not Enough Sharing Still" ("Ich teile viel, aber noch nicht genug") geht es wiederum um einfache Möglichkeiten, Informationen mit Freunden innerhalb von IE8 auszutauschen, in diesem Fall die beliebten Lolcatz-Kätzchen. Es bleibt abzuwarten, wie überzeugend die Promoaktionen tatsächlich werden.

In Europa hat Microsoft unterdessen ganz andere Probleme. Dort verlangt die EU-Kommission im Rahmen eines Kartellverfahrens von dem Konzern, seinen Browser künftig gegenüber konkurrierenden Produkten innerhalb des Betriebssystems Windows nicht mehr zu bevorzugen. Der Softwareriese reagierte am Donnerstag geradezu eingeschnappt: Man habe sich aufgrund des politischen Drucks dazu entschlossen, das im Oktober auf den Markt kommende neue Windows 7 nun mit gar keinem Browser auszustatten. Nur so sei es möglich, eine unproblematische Markteinführung sicherzustellen, so Justiziar Dave Heiner im offiziellen Firmen-Weblog "Microsoft on the Issues" ("Microsoft zu den Problemen").

Das könnte für die europäischen User durchaus interessant werden: Fehlt in Windows 7 nämlich der Internet Explorer, ist es auch nicht leicht möglich, sich mal eben einen alternativen Browser wie Firefox, Chrome oder Safari herunterzuladen - die müssten dann notfalls per USB-Stick von einem anderen Rechner kommen oder über von vielen Nutzern längst verdrängte Internet-Protokolle wie FTP, deren Bedienung erst wieder erlernt werden muss.

Die EU hatte deshalb eigentlich gefordert, dass Microsoft den Nutzern bei der Installation schlicht die Wahl lässt, zu welchem Web-Programm sie greifen wollen. Darauf will sich der Konzern aber erst nach weiteren Diskussionen einlassen. Ganz browserlos dürfte Windows 7, das viele Probleme von Windows Vista ungeschehen machen soll, aber trotz der Microsoftschen Trotzreaktion nicht werden: Nun obliegt es dem jeweiligen Hersteller eines PCs, eine entsprechende Software beizulegen - notfalls ganz klassisch auf CD zur Nachinstallation.

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