Fahhradsternfahrt in Berlin: Radler zeigen sich wetterfest

Rund 100.000 Radler zählt der ADFC bei seiner Fahrradsternfahrt. Die Polizei schätzt die Menge deutlich kleiner. Doch eins ist sicher: Die gesperrte Stadtautobahn ist eine Attraktion für die Radler.

Endlich autofrei: Radfahrerdemonstration auf der Berliner Stadtautobahn Bild: dpa

"Treten, treten, treten!", feuert Kirsten ihre Tochter Anna an. Die Fünfjährige schlingert über den Gehweg. 12.10 Uhr, Karl-Marx-Straße, kurz vor der Autobahnauffahrt Buschkrugallee. Kühle 15 Grad, graue Wolken ziehen gen Norden, aber es ist trocken. Noch. Am Samstag hatte die bunt behelmte Kleinfamilie noch überlegt, ob sie überhaupt mitfährt bei der 33. Sternfahrt des Fahrradclubs ADFC. "Aber auf der Autobahn zu fahren ist einmalig", meint Vater Thomas. Extra für diesen Streckenabschnitt sind sie gekommen. Sie gehören zu den Ersten, die an der A 100 empfangen werden - von einem Dutzend Polizisten.

Hier trifft sich die Hälfte der 18 Routen, die quer durch Berlin zum Großen Stern führen. 60.000 der laut Organisatoren insgesamt 100.000 Teilnehmer sammeln sich hier. Ein Polizeibeamter, der die Auffahrt bewacht, schätzt die Radlergemeinde auf nur 4.500 Personen.

Dass bis Donnerstag noch unklar war, ob das traditionelle Etappenstück auf dem Südring zwischen Buschkrugallee und Alboinstraße überhaupt zu befahren ist, mag der Grund sein, dass so wenigen Pedaleure vor Ort sind. Das schlechte Wetter allein ist es jedenfalls nicht. "Noch regnet dit ja nich in Strömen, und so lange trotzen wir dem Wetter", berlinert Harald. Der 45-jährige Neuköllner schiebt seine orangefarbene Sonnenbrille hoch. Mit Kumpel Manfred, ebenfalls Elektriker, macht er seinen privaten Männerausflug. Ein Einkaufskörbchen mit fünf Bierflaschen und einer Luftpumpe klemmt auf dem Gepäckträger von Haralds blauem Damenrad. "Wir sind nur wegen der Autobahn hier", sagt Manfred und krempelt sein rechtes Hosenbein hoch. Zeit für eine Zigarette.

An einem Hauseingang flickt Marion ihr weinrotes Liegerad. Sie hat die Regenjacke bis unters Kinn geschlossen und zwei Plastiktüten über die Schuhe gezogen, rechts Saturn, links Dussmann. Sie ist weniger wegen der Autobahn als wegen des Alltags in der Fahrradstadt Berlin gekommen. Sie will mehr Fahrradspuren auf den Straßen. "Da wird man von den Autofahrern besser wahrgenommen", sagt die 35-Jährige. "Gerade wir Liegeradfahrer werden oft übersehen."

Der Rennradler Martin, 26, ist seit Hohenschönhausen dabei, mit Regenhose, Armschützern und einem roten Piratentuch unter dem stromlinienförmigen Helm. Auch sein gelbes Bianchi-Rad mit Klickpedalen und Schmalsattel zeugt von seinen Profiambitionen. "Das Radwegenetz in Berlin wird zwar besser, aber generell ist das noch viel zu wenig", meint er, "da haben uns andere Städte viel voraus."

12.52 Uhr: Die Menge klingelt sich den Weg frei. Auch Marions Rad ist weder flott. Langsam wie ein Regenwurm schiebt sich die Karawane die Rampe hoch, die Radler verschwinden im Tunnel. Eine halbe Stunde später hat sich der Stau aufgelöst, die Letzten werden per Polizeilautsprecher aufgefordert: "Bitte jetzt anschließen!" Dann wird die Bake wieder geschlossen. Vier jugendliche Mountainbiker kommen zu spät. Die Autobahn ist wieder dicht. Und dann beginnt es auch noch in Strömen zu regnen.

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