Kommentar Pakistan: Selbstbetrug statt Aufarbeitung

Durch die Freilassung des vermeintlichen Terrorangriffplaners hat sich Pakistan um schmerzhafte Selbsterkenntnisse gedrückt.

Anstatt sich endlich mit seinen Schattenseiten zu befassen, belügt sich Pakistan abermals - und rutscht damit immer weiter ins internationale Abseits: Der vermeintliche (und sehr wahrscheinliche) Chefplaner der blutigen Terrorattacke auf Bombay, Hafiz Mohammad Saeed, wurde nach einer gerichtlichen Entscheidung freigelassen. Seine Anhänger jubeln, Pakistan atmet auf: Für den verabscheuenswerten Amoklauf in der indischen Finanzmetropole Ende November ist nun doch kein Pakistani verantwortlich.

Es verletze "die Verfassung des Landes", Saeed länger festzuhalten, erklärte das Gericht. Es gebe keine Erkenntnisse darüber, dass Saeed, einer der Gründer der militanten Gruppe Lashkar-e-Toiba (LeT), etwas mit dem Terrorangriff zu tun gehabt hätte. Selbstverständlich kann es diese Erkenntnisse auch gar nicht geben, da es nie ernsthafte Ermittlungen gab, die Saeed hätten belasten können.

Denn diese Ermittlungen und damit eine Aufarbeitung der eigenen Geschichte würden schmerzhafte Selbsterkenntnisse zu Tage fördern: dass jenes Land, das als positives Gegenbeispiel zu Indien gedacht war, beinahe drei Jahrzehnte lang mit fadenscheinigen religiösen Fanatikern zusammengearbeitet hat, um seine Interessen in der Region durchzusetzen; dass es die Kontrolle über die meisten dieser Fanatiker längst verloren hat und nun selbst am meisten unter ihnen leidet; und dass auch die Elite des Landes der nationalen Lüge, Pakistan drohe jeden Augenblick die Auslöschung durch den Erzfeind Indien, aufgesessen ist. Vor allem: dass die Staatsidee einer "islamischen Republik" nicht funktioniert und nur der fortwährende Selbstbetrug den Staat überhaupt zusammenhält.

Doch mit der Freilassung des vermeintlichen Terrorchefs hat sich Pakistan ein weiteres Mal die Aufarbeitung seiner größten Fehler erspart.

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