Verhandlungen um Opel-Zukunft: Kühne Forderungen der Amerikaner

Erneut bleibt ein Spitzentreffen ohne Ergebnis. Eigentlich sollte Opel in einer Treuhandgesellschaft überführt werden. Doch in der Nacht meldete GM plötzlich höheren Finanzbedarf an.

Schlechte Laune nach dem erfolglosen Spitzentreffen: Koch, Guttenberg und Steinbrück. Bild: reuters

FRANKFURT/BERLIN dpa/rtr | Elf Stunden lang hatte die Bundesregierung mit den drei Kaufinteressenten Fiat, Magna und RHJ sowie Vertretern der US-Regierung und der Opel-Mutter GM verhandelt. Der Zeitdruck ist groß - und doch gab es wieder kein Ergebnis. Für Freitag wurde eine neue Runde vereinbart.

Nach den ergebnislosen Gesprächen griff Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) die amerikanischen Verhandlungspartner scharf an. "Was die Amerikaner hier machen, ist nicht akzeptabel", sagte Koch hr-info. "Sie ignorieren die Situation in Europa und versuchen, ihre Tagesordnung durchzusetzen."

Der Opel-Mutterkonzern GM habe beim Spitzengespräch am Mittwochabend im Kanzleramt überraschend neue Zahlen vorgelegt, und die US-Regierung wolle keine ausreichenden Sicherheiten geben. Hingegen sei man in der Diskussion mit potenziellen Investoren bei Opel vorangekommen. Magna habe konstruktive neue Vorschläge unterbreitet.

Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg gab ebenfalls der US-Regierung und dem Autokonzern General Motors die Schuld für die andauernde Hängepartie. "Wir dürfen einmal mehr feststellen, dass das Verhalten der Verantwortlichen bei General Motors, sei es in Detroit, aber leider auch in Europa, durchaus auch zu wünschen übriglässt", sagte der Minister am Donnerstag der ARD.

Guttenberg sagte, bis Freitag solle nun nachgebessert werden. Diese Frist sei auch deshalb geboten, weil zum einen der Liquiditätsbedarf bei Opel relativ dringlich sei und in den USA das Insolvenzverfahren für den ganzen GM-Konzern drohe.

GM verlangt nun 300 Millionen Euro mehr

Ursprünglich wollte die Bundesregierung die Opel-Zukunft mit einem Überbrückungskredit in Höhe von 1,5 Milliarden Euro und einem Treuhandmodell sichern. Damit sollte sichergestellt werden, dass bei Opel im Falle einer Insolvenz der Konzernmutter General Motors nicht die Lichter ausgehen. GM wolle plötzlich wieder viel mehr Geld haben, sagte Guttenberg. Die Rede war von zusätzlichen 300 Millionen Euro.

Bei den Bemühungen um eine Lösung habe sich auch das US-Finanzministerium als "nicht nur hilfreich erwiesen", kritisierte der Minister. Die Bundesregierung erwarte eine höhere Gesprächsbereitschaft und ein größeres Entgegenkommen, "weil es auch im Interesse der Amerikaner sein sollte, dass Opel nicht in die Insolvenz geht". Da dieses Entgegenkommen bislang nicht gegeben sei, erhöhe dies das Ausfallrisiko der Bürgschaft.

Vorsichtiger Optimismus beim Opelbetriebsrat

Der Betriebsratschef des Bochumer Opelwerks, Rainer Einenkel, hat sich hingegen positiv über das Spitzentreffen in Berlin geäußert. "Es ist wichtig, dass die Politiker bereit sind zu helfen", sagte Einenkel.

Gut sei auch, dass der mögliche Investor Magna sein Konzept nachgebessert habe, was den zunächst geplanten Stellenabbau in Deutschland und vor allem in Bochum betreffe. "Das ist die Mindestvoraussetzung gewesen, dass keine betriebsbedingten Kündigungen kommen." Nun müsse man hoffen, dass sich das im Laufe der weiteren Verhandlungen bestätige.

Wichtig sei nun, welches Konzept Magna nun vorlege. "Entscheidend ist für uns, dass es nicht zu betriebsbedingten Kündigungen kommt." Der Spielraum dafür sei relativ groß. Kündigungen kämen nicht in Frage. "Da gibt es keinen Weg, den wir mitgehen werden."

Neue Probleme aus Brüssel

Doch wahrscheinlich hat auch ein neuer Opel-Besitzer gar nicht den nötigen Spielraum für solche großzügigen Jobgarantien. Denn abgesehen von den ökonomischen Zwängen könnten einem Zeitungsbericht zufolge Auflagen der EU-Kommission zukommen. Sollte der Bund wie gewollt einen Übergangskredits von 1,5 Milliarden Euro gewähren, könne die Brüsseler Behörde den Verkauf oder die Schließung von Werken zur Auflage machen, berichtete die Financial Times Deutschland unter Berufung auf EU-Kreise.

"Um die Verzerrung des Wettbewerbs durch die staatlichen Hilfen auszugleichen und dabei auch die Überkapazitäten in der Autoindustrie anzugehen, dürfte die Kommission einen Kapazitätsabbau um mindestens 30 Prozent verlangen", wird aus den Kreisen zitiert. Nach den Regeln des EU-Binnenmarkts sei es zudem verboten, Staatshilfen an den Erhalt von nationalen Standorten zu knüpfen.

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