theaterkrise?: Zu früh für "Kopf ab"

Trotz aller Unkenrufe kann das Theater auf eine ordentliche Auslastung bei "Marie Antoinette" verweisen. Allerdings fällt ihm die Unterfinanzierung auf die Füße

Geldausgeben macht Laune, Marie Antoinette landete für ihre Prasserei aber unter der Guillotine Bild: Jörg Landsberg

Das Bremer Theater soll nach Medienberichten eine Liquiditätslücke von 2,5 Millionen Euro haben. "Diese Zahl ist falsch", sagt Intendant Hans Joachim Frey. Unbestreitbar sei das Theater "strukturell unterfinanziert", insofern gebe es eine "seit langem" geübte Praxis des Vorgriffs auf kommende Zuschüsse. Vor diesem Hintergrund erarbeite er derzeit mit dem Kulturressort eine finanzielle Neustrukturierung inklusive einer kompletten Kosten- / Leistungsrechnung, um Defizite exakt beziffern zu können. Doch während frühere Vorgriffe - "traditionell" im Dezember zur Zahlung von Weihnachtsgeld und Vorfinanzierung von Produktionen getätigt - 500.000 bis 700.000 Euro betrugen, geht es diesmal um Millionenbeträge.

Vor diesem Hintergrund war lange strittig, ob das Theater eine parallel am Richtweg laufende Produktion wie "Marie Antoinette" mit kompletter eigener Besetzung betreiben darf und soll - ein Wagnis, auf das sich im deutschsprachigen Raum unter den öffentlich betriebenen Theatern sonst nur die Vereinigten Bühnen Wien eingelassen haben. Vorsichtshalber hatte deshalb auch der Aufsichtsrat des Bremer Theaters beschlossen, eine eigene "Marie-Antoinette"-Kostenstelle einzurichten. Das Drama über die verschwenderische Königin sollte gar nicht erst im regulären Theaterhaushalt erscheinen. "Auch der übrige Kulturetat darf nicht durch ,Marie Antoinette' belastet werden", erklärte das Kulturressort unmissverständlich. Dass die Produktion nicht zum Kernauftrag des Hauses gehört, war ohnehin immer klar.

Wie also steht es - dreieinhalb Wochen vor der Dernière? Die derzeitige "Nimm zwei, bezahl eins"-Ticketkampagne, wie sie etwa im Bremer Anzeiger zu sehen ist, hat einen gewissen Ausverkaufscharakter. Auch die bereits sehr früh gemachten Zugeständnisse an die Musical-Mitarbeiter, ihre stark vergünstigten Personalticket-Kontingente zu überschreiten, konnte man als Indikator einer nicht allzu rosigen Verkaufslage werten. Trotzdem sehen die aktuell angegebenen Zahlen nicht schlecht aus: Wenn 85.000 Tickets verkauft sind, fehlen nur noch 15 Prozent bis zum ökonomischen break even. Das entspräche durchaus dem Zeitplan. Allerdings lag der Wirtschaftlichkeitsberechnung ein Durchschnittspreis von 40 Euro zu Grunde - den aber hat die Wirtschaftskrise zunichte gemacht. Zudem hat sich die Kostenseite verschoben: Statt der geplanten fünf mussten 5,5 Millionen Euro aufgewendet werden, beispielsweise wurde das Bühnenbild kurzfristig verworfen, die Fertigung schließlich als Auftragsarbeit nach außen vergeben.

Eine endgültige Bewertung kann laut Intendant Frey erst im Juni vorgenommen werden: Erst dann sei auch der Verkauf der Zweitverwertungsrechte geklärt. Die von B & B-Promotion geplante Anschluss-Tournee findet allerdings nicht statt. Immerhin sei klar, sagt Frey, dass die Hälfte der Besucher nicht aus Bremen stammt, ein Viertel habe hier übernachtet. Nichtsdestoweniger wird nun beispielsweise darüber zu rechen, ob die mitveranstaltende HVG vom Theater Mietkosten erhält.

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