Prinz Charles redet Tacheles: Klima-Nachhilfe für Energiebosse

Der britische Thronfolger nutzt seinen Deutschlandbesuch für eine engagierte Rede. Bei der Verleihung des Nachhaltigkeitspreises fordert er mehr Klimaschutz.

Prinz Charles zeigt den Energiekonzernen den Weg. Bild: reuters

BERLIN taz | Es war als koketter Witz gemeint: "Ich weiß nicht, wie lange sie noch die monotone Folter ertragen können, die ich Ihnen zumute", sagte der britische Thronfolger Prinz Charles, als ihm im Rahmen eines festlichen Dinners im Historischen Museum in Berlin der "Deutsche Nachhaltigkeitspreis" verliehen wurde.

Doch falls sich einige der Zuhörer tatsächlich gefoltert gefühlt haben sollten, lag das vermutlich nicht an Monotonie - sondern eher an den klaren Aussagen des Prinzen. "Der Klimawandel ist zweifellos die größte Herausforderung unserer Zeiten", sagte Charles in seiner rund 40-minütigen Ansprache. "Wir haben keine Zeit mehr zu verlieren, wenn wir unseren Kindern eine Welt hinterlassen wollen, die für sie zum Leben taugt."

Denn unter den 400 Gästen aus Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Showbusiness, die sich diesen eindringlichen Appell anhören durften, waren einige, die mit dem Klimawandel ihr Geld verdienen. Tuoma Hattaka, Chef des Energiekonzerns Vattenfall Europe, der in Ostdeutschland auf die besonders klimaschädliche Braunkohle-Verstromung setzt, stand ebenso auf der Gästeliste wie Führungskräfte von BP.

Joachim Großmann, Vorstandsvorsitzender von Europas größtem CO2-Emittenden RWE, durfte "Linumer Jungbullenfilet" und das "Basilikum-Eis" gar am selben Tisch verspeiesen wie die Königliche Hoheit. "Wie viel bequemer wäre es, wenn einfach alles so weiterlaufen könnte wie bisher", sagte Charles. "Aber so ist es nicht, und deshalb können wir nicht einfach so weitermachen wie bisher."

Entschieden wandte sich der britische Thronfolger dagegen, den Klimaschutz angesichts der Wirtschaftskrise zurückzufahren. "Ich fürchte, dass es unseren Enkeln ziemlich gleichgültig sein wird, ob wir in den ersten Jahrzehnten des einundzwanzigsten Jahrhunderts ein Wirtschaftswachstum wie im zwanzigsten Jahrhundert aufrechterhalten konnten", so Charles. "Was sie vielmehr interessieren wird, ist der Zustand des Klimas unserer Erde: Ob es genug Nahrung und Wasser gibt. Und ob die Sicherheitsvorkehrungen und wirtschaftlichen Ressourcen vorhanden sind, die für Millionen von Umweltflüchtlingen benötigt werden."

An die ebenfalls anwesenden VertreterInnen von Umwelt- und Entwicklungsorganisationen richtete Charles hingegen ein großes Lob: "Was jetzt Not tut, dass solche bisher alternativen Projekte zum Mainstream werden, so dass wir wir eine wirklich humane, von der Gemeinschaft getragene Form der Globalisierug von unten nach oben bekommen - statt des gegenwärtigen Modells, das seinen Zweck nicht erfüllt, sondern zu einer Zerstörung von Kulturen beiträgt."

Den Vorwurf, mit seiner Kritik an Umweltzerstörung und Gentechnik "wissenschaftsfeindlich" zu sein, wies Charles entschieden zurück. Er plädierte dafür, Umweltgüter mit einem Wert zu versehen: "Ich bin vielleicht kein Volkswirt, Buchhalter oder Investmentbanker, aber ich kann einfach nicht verstehen wie Kapitalismus ohne das Kapital der Natur denkbar ist."

Die Entgegennahme des Deutschen Nachhaltigkeitspreises, der ihm im Dezember 2008 verliehen wurde, war der Anlass für den Berlin-Besuch von Prinz Charles und seiner Frau Camilla. Vergeben wird der Preis von einer Initiative aus Unternehmen, wissenschaftlichen Institutionen und dem von der Bundesregierung einberufenen Rat für nachhaltige Entwicklung. An diesem Donnerstag besucht Charles zum Abschluss seiner Reise das Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung.

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