Weltleitwährung Dollar in der Krise: China macht dem IWF Konkurrenz

Wenn Argentinien in China einkaufen will, braucht es künftig keine US-Dollar mehr. Die beiden Länder einigten sich auf ein Währungstausch-Abkommen. Wem nützt das?

Der Renminbi entwickelt sich zur mächtigen Konkurrenz für den Dollar. Bild: reuters

BUENOS AIRES taz Beim G-20-Gipfel hat sich China mit seiner Forderung nach einer neuen Welt-Leitwährung nicht durchsetzen können, das Thema gelangte gar nicht bis auf die offizielle Tagesordnung. Dabei ist Peking längst dabei, Fakten zu schaffen: Währungsswap heißt das Zauberwort, mit dem der US-Dollar als internationales Zahlungsmittel Stück für Stück ausgebootet wird. Zuletzt haben die Zentralbanken Chinas und Argentiniens eine Rahmenvereinbarung über solch ein bilaterales Währungstauschgeschäft unterzeichnet.

Jetzt haben beide Seiten Zugang zur Währung des jeweils anderen Landes. Borgen sich die Argentinier Yuan, hinterlegen sie bei der chinesischen Zentralbank ihre Pesos und umgekehrt. Dazu räumen sich die Zentralbanken gegenseitige Kreditlinien über 70 Millliarden Yuan auf chinesischer Seite und rund 38 Milliarden Pesos auf argentinischer Seite ein. Umgerechnet macht das ein Volumen von jeweils rund 10,2 Milliarden US-Dollar aus. Kosten und Zinsen fallen keine an.

Für das krisengeschüttelte Argentinien bedeutet das, dass es nun in China mit Pesos einkaufen kann. Zugleich verliert der US-Dollar, der bisher im bilateralen Handel das Zahlungsmittel ist, an Bedeutung. Die Vereinbarung diene dazu, das regionale Finanzsystem zu stabilisieren und gegen die gegenwärtigen Risiken zu schützen, heißt es in der offiziellen Sprachregelung der beiden Zentralbanken.

Die Reaktionen in Argentinien sind jedoch nicht nur positiv. Die Industrie am Río de la Plata fürchtet jetzt noch mehr die Konkurrenz durch die billigen Importwaren aus China. Nicht ohne Grund. Die chinesischen Konsumgüter sind in der ganzen südamerikanischen Region schon seit Jahren auf dem Vormarsch. Im Vergleich zu 2001 hat sich der Handelsaustausch verzehnfacht. Allein im vergangenen Jahr stieg er um 40 Prozent auf 140 Milliarden Dollar. Der Gigant aus Asien kauft in Südamerika vor allem Rohstoffe und Agrarprodukte, in Argentinien Sojabohnen.

Für die argentinische Regierung kommt das Abkommen jedoch gerade rechtzeitig. Nicht nur wegen der allgemeinen weltweiten Finanzkrise, sondern auch wegen der noch immer ausstehenden Einigung mit dem Pariser Club bekommt Argentinien auf den internationalen Finanzmärkten schon lange keine Kredite mehr. Und der einzige Gläubiger, der in den letzten Jahren immer wieder argentinischen Staatsanleihen in Milliardenhöhe aufkaufte ist ebenfalls ausgefallen: Venezuelas Präsident Hugo Chávez kann der argentinischen Regierung wegen des fallenden Ölpreises derzeit nicht unter die Arme greifen.

"Für Argentinien garantiert das Abkommen den Zugang zu einer internationalen Währung im Falle einer eventuellen Zahlungsschwierigkeit," heißt es in einer offiziellen Stellungnahme der argentinischen Zentralbank BCRA. "In unseren Fall besteht die Möglichkeit auf eine bedeutende Summe in Yuan zugreifen zu können, im Austausch mit Pesos. In der Praxis ist das eine Stärkung unserer finanziellen Position."

Bei der chinesischen Zentralbank ist es schon die sechste Vereinbarung dieser Art seit dem vergangenen Dezember. Bisher waren es aber nur Abkommen mit asiatischen Staaten - Südkorea, Indonesien, Hong Kong, Malaysia - und Belorussland. Mit Argentinien macht das Beispiel erstmals auf dem lateinamerikanischen Kontinent Schule.

Nach Andeutungen des brasilianischen Präsidenten Luiz Inácio da Silva könnte ein siebter Währungstausch-Vertrag mit Brasilien bald folgen. Verdrängen die Chinesen auf diesem Weg weiter den Dollar als internationale Leitwährung, wird sich die chinesische Zentralbank zudem zu einem mächtigen Konkurrenten des Internationalen Währungsfonds entwickeln.

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