Kommentar Nordkoreas Raketentests: Nur keine Unruhe zulassen

China nimmt Nordkoreas Aufrüstung in Kauf. Denn an einem plötzlichen Zusammenbruch des Regimes hat Peking kein Interesse - und predigt Gelassenheit.

Als die Chinesen im April 1970 ihren ersten Satelliten in die Umlaufbahn schossen, sendete er die Melodie von "Der Osten ist rot" zurück auf die Erde. Fast 39 Jahre später ist ein ähnliches Unternehmen der Nordkoreaner offenbar gescheitert. Zwar behauptete Pjöngjang gestern, seinen Fernmeldesatelliten erfolgreich in den Orbit geschossen zu haben, der nun "unsterbliche Revolutionshymnen" zu Ehren des 1994 verstorbenen Staatsgründers Kim Il Sung und seines Sohns Kim Jong Il ausstrahle. Die Amerikaner und Südkoreaner hingegen verkündeten, er sei ins Wasser gefallen.

Immerhin: Die Trägerrakete ist weiter geflogen als beim ersten Test vor drei Jahren. Mit dem Start der Rakete hat Pjöngjang erneut bewiesen, wie löchrig die Verbote sind, mit denen die USA und ein Teil der internationalen Gemeinschaft versucht, Nordkorea zu isolieren.

Kim Jong Ils Interesse ist klar: Er muss nach innen Stärke zeigen und seine Militärs befriedigen. Und: Wer Atomsprengköpfe hat, dem kann man nicht mehr drohen.

Den Chinesen ist nicht daran gelegen, dass an ihrer Grenze eine neue, gefährliche Nuklearmacht heranwächst. Trotzdem denken sie nicht daran, Nordkorea für den gestrigen Satellitenstart auch nur öffentlich zu kritisieren: Sie fürchten Unruhe und Instabilität mehr als alles andere.

Sie wollen zudem verhindern, dass Pjöngjang und Washington direkt miteinander verhandeln und Peking die Schlüsselrolle im ostasiatischen Nuklearpoker verliert. Deshalb versuchen sie, Kim wieder an den Verhandlungstisch der Sechsergespräche zurückholen. Außerdem hoffen die Chinesen, Pjöngjangs Militärs davon überzeugen zu können, das Land zu reformieren und den Spaß am Geschäftemachen zu entdecken.

Nichts wäre in den Augen Pekings schlimmer als ein plötzlicher Zusammenbruch des Regimes, der zu einem Krieg um Einfluss auf der Koreanischen Halbinsel führen könnte. Deshalb predigt Peking Gelassenheit. Ein nordkoreanischer Satellitenstart ist nach chinesischer Ansicht leicht zu verkraften - erst recht, wenn er gescheitert ist.

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Bis Anfang 2012 Korrespondentin der taz in China, seither wieder in der Berliner Zentrale. Mit der taz verbunden seit über zwanzig Jahren: anfangs als Redakteurin im Auslandsressort, zuständig für Asien, dann ab 1996 Südostasienkorrespondentin mit Sitz in Bangkok und ab 2000 für die taz und andere deutschsprachige Zeitungen in Peking. Veröffentlichung: gemeinsam mit Andreas Lorenz: „Das andere China“, wjs-verlag, Berlin

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