Fischfang: Heringsquote schon erschöpft

Die Netze seien ungewöhnlich voll, sagen die Fischer und verstehen nicht, warum die ihnen zugeteilten Fangmengen so knapp bemessen wurden. Der WWF verweist auf Forschungsergebnisse.

Ausgefischt: Die Fischer in Mecklenburg-Vorpommern dürfen keine Heringe mehr fangen, da die Fangquote ausgeschöpft ist. Bild: FOTO: DPA

Die Fischer an der mecklenburg-vorpommerschen Küste haben in diesem Jahr ihre Heringsquote früher ausgeschöpft als sonst. Das liegt nicht nur daran, dass die Quote geringer ist als in früheren Jahren, sondern paradoxerweise auch daran, dass ihnen die Fische in dichten Scharen in die Netze schwammen. Den Fängen nach zu urteilen, gibt es reichlich Heringe. Die Fischer bezweifeln deshalb, dass es gerechtfertig war, die ihnen zugestandene Fangmenge zu verkleinern. Die Umweltstiftung WWF dagegen warnt davor, dem Augenschein zu trauen.

Im Herbst vergangenen Jahres hat die Europäische Union die erlaubten Fangmengen für den Hering in der Ostsee um 39 Prozent verringert. Die Fischereiminister folgten damit ein gutes Stück weit den Empfehlungen des Internationalen Rates für Meeresforschung (ICES), der auf wissenschaftlicher Basis weltweit Empfehlungen abgibt. "Aus fisch-ökologischer Sicht ist eine Absenkung um 60 Prozent sinnvoll", sagt Christopher Zimmermann, Leiter des Instituts für Ostseefischerei Rostock (IOR), das dem ICES Daten liefert.

Mit den Erfahrungen der Fischer deckt sich das nicht. Wegen der kleineren Quote seien die Boote erst im März statt schon im Februar ausgelaufen, sagt Michael Schütt von der Fischereigenossenschaft Peenemündung in Freest. Die meisten hätten schon nach einem Monat ihre Quote ausgeschöpft und müssten jetzt im Hafen bleiben. Normalerweise werde bis Anfang Mai gefischt.

Günter Grothe von der Zentralen Absatzgenossenschaft Rügenfang bestätigt, dass es sich um eine ungewöhnlich gute Saison handele. "Das ist Natur, dass Sie in einem Jahr mehr und in einem Jahr weniger Pilze kriegen", sagt er. Zu der Genossenschaft gehören 97 Einzelbetriebe und Fischereigenossenschaften vom Darß bis zum Greifswalder Bodden. Die Heringsfischer lebten zu 80 Prozent vom Hering, sagt Grothe. Er verstehe nicht, warum die EU die Fangmenge nicht einfach auf dem Stand des Vorjahres belassen habe. Damit hätten seine Leute leben können.

Karolin Schacht vom WWF glaubt, dass der gute Fang nichts über den tatsächlichen Zustand der Heringspopulation in der Ostsee aussagt. Im Gegenteil: Er vermittele einen falschen Eindruck. Die Fischer schipperten von Berufs wegen in Gebieten, in denen sich Fische gerne aufhielten und vermieden Gebiete, die auch von Fischen gemieden würden. "Fischer wissen, wo der Fisch ist", bringt es Schacht auf den Punkt. "Sie wissen aber nicht, ob er anderswo fehlt." Biologen untersuchten die Bestände schon seit 50 Jahren nach festen Standards. Das ermögliche einen wissenschaftlichen Überblick über die Entwicklung.

Bereits seit fünf Jahren stelle die Forschung fest, dass der Heringsnachwuchs jährlich um 30 bis 50 Prozent geringer sei als der des Vorjahres, sagt Zimmermann. "Es ändert sich etwas im Ökosystem, wir tappen aber über die Ursachen im Dunkeln."

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