Kommentar Mehdorn tritt zurück: Endlich!

Der Rücktritt Mehdorns war überfällig. Die Kunden der Bahn können aufatmen. Wie kein anderer hat Mehdorn den Typus des bösen Managers verkörpert.

Nur in den seltensten Fällen gibt es ein Ereignis, bei dem die Bevölkerung des ganzen Landes quasi kollektiv zustimmen wird. Am Montagmittag aber gab es einen dieser raren Momente. Bahnchef Hartmut Mehdorn warf das Handtuch.

Ein zutiefst erleichtertes "Endlich!" dürfte auf Bahnsteigen und Güterbahnhöfen erschallt sein, auch in den Fußgängerzonen und Wohnzimmern. Der Rücktritt war überfällig. Der Mann galt nicht nur unter Bahnfahrern und Bahnangestellten als Hassfigur. Mehdorn stand stellvertretend für viele andere als die Verkörperung des bösen Managers.

Nun zählt es nicht zu den Arbeitsplatzanforderungen eines Managers, besonders beliebt zu sein. Und schließlich muss man Mehdorn zugute halten, dass er gewiss nicht persönlich für jede einzelne Verspätung verantwortlich war.

Aber Hartmut Mehdorn hat eine schier unglaubliche Kette von Fehlern begangen: Unsinnige Fahrpreisgestaltungen und eine gerade noch verhinderte Servicegebühr sind das, woran sich vor allem die Kunden erinnern werden.

Lokführer werden von zutiefst ungerechten Lohnvorstellungen erzählen. Auch die Zerstörung eines Großteils der Bahn-Infrastruktur geht auf Mehdorns Konto. Die Krönung war die Bespitzelung sämtlicher Bahnmitarbeiter, um zu prüfen, ob diese etwa mit Journalisten in Verbindung stünden.

Gescheitert allerdings ist Mehdorn an keinem dieser Skandale. Seinen Job ist Mehdorn losgeworden, weil die Politik ihm die Unterstützung bei der Bahn-Privatisierung entzog. Und das wiederum war nicht Folge innerer Einsicht, sondern der Wirtschaftskrise.

Eine Privatisierung der Deutschen Bahn - Mehdorns Lieblingsidee - ist kurz vor einer Bundestagswahl und angesichts der Krise weder der Bevölkerung vermittelbar, noch würde diese eine adäquate Geldsumme in die öffentlichen Kassen spülen. Also wurde sie abgesagt. Und deshalb konnte die Politik dieses Mal auf Mehdorn verzichten.

Für die Zukunft entscheidend wird sein, ob sich Politiker und Manager besinnen, die Bahn wieder als ein Teil des öffentlichen Guts zu begreifen. Eines, das nicht Profitinteressen unterliegen darf.

Möglich aber wäre, dass die Politik über kurz oder lang wieder die Privatisierungspläne aus der Schublade ziehen wird. Dann bliebe der Abgang Mehdorns nur eine Personalie.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Jahrgang 1957, ist Mitarbeiter der taz und Buchautor. Seine Themenschwerpunkte sind Zeitgeschichte und der Nahe Osten. Hillenbrand ist Autor mehrerer Bücher zur NS-Geschichte und Judenverfolgung. Zuletzt erschien von ihm: "Die geschützte Insel. Das jüdische Auerbach'sche Waisenhaus in Berlin", Hentrich & Hentrich 2024

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.